Dienstag, 2. Januar 2018

Neues Jahr,neues Stück...

... Weg. Ein neues Stück Weg liegt vor uns. Also vor uns als Team eines Kindergartens mittlerer Größe, gelegen zwischen zwei als schwierig gebranntmarkten Stadtgebieten einer der beschaulicheren Großstädte dieses Landes.

Bevor es weitergehen kann mit dem Berichten über die kleinen und großen Alltagsgeschichten, braucht es eines Rückblicks auf das vergangene Jahr. Aus Sicht eines Kita-Leiters, Elementarpädagogen und Vaters. Zumindest wenn ich der Logik eines Blogs folgen mag. Und ja, das mag ich natürlich!
Nach dem "Seitenwechsel" - der Blogeintrag stammte aus dem Januar des vergangenen Jahres - ist viel passiert. Mittlerweile sind es fast zwei Jahre als Leiter eines dynamischen Hauses mit viel Entwicklungspotenzial. Da wäre die vollzogene Öffnung der pädagogischen Arbeit. Da wäre die strukturelle Umstellung der besonderen Förderung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen. Da wären Personalentscheidungen innerhalb des Hauses und wäre der Versuch der Abwägung zwischen fachlichen und sozial-kommunikativen Ressourcen innerhalb des Teams.
Das Nachdenken über eigene längerfristige Perspektiven vereint sich schließlich mit einer Veränderung im privaten Bereich - dem großartigen Geschenk des Vaterwerdens. Nicht dass ich dies zum ersten mal genießen dürfte. Familienleben und Leitungstätigkeit allerdings sind nicht so leicht zu vereinbaren, wie das noch zu Zeiten als "normaler Angestellter" bei meinen größeren Kindern möglich war.

Bevor es also mit Episoden aus dem Hier und Jetzt weitergehen kann, braucht es aus meiner Sicht der kurzen Retrospektive. Dies soll in einigen kurzen Posts in der nächsten Zeit hier passieren.

Ach ja, ein Buch soll her! Nach gut zwei Jahren intensiver Arbeit an der Neuausrichtung des pädagogischen Konzepts und Alltags einer Kita entlang der Ideen von offener Arbeit und Inklusion, ist die Zeit reif, aus der Praxisperspektive zu berichten. Vor allem weil ich immer wieder von Pädagog/innen anderer Häuser dazu befragt werde, wie man denn das eine oder andere Momentum offener Arbeit im Alltag ganz konkret gestalten könnte. Und weil ich mittlerweile weiß, dass es neben der reinen Fachlichkeit in der Umsetzung dieser Form von Pädagogik vor allem darum geht, alle Beteiligten - Kinder, Eltern, Pädagog/innen - ernsthaft und weitestmöglich mitzunehmen. Und weil es eben viele Bücher zur reinen Fachlichkeit gibt, aber wenige, die aus der Perspektive der Kita-Praxis berichten.
Kurzum, im Jahr 2018 soll das Buch fertig sein. Am Wachsen dieses Projekts lasse ich natürlich gern teilhaben. :-)

Montag, 23. Januar 2017

Seitentausch

Also fast.

Nach gut eineinhalbjähriger Tätigkeit als Pädagoge im Gruppendienst rief eine Leitungsstelle. Und wer kann schon "Nein!" sagen, wenn eine Leitungsstelle ruft?! Für irgendwas muss ein abgeschlossenes Studium schließlich gut sein, zumal wenn es bis zum Master gereicht hat.
Nun also Leitung, Kita-Leitung. Alles, was früher an den gegebenen Rahmenbedingungen schwierig erschien, scheint nun veränderbar! Als "Manager einer mittelgroßen Unternehmung" - immerhin mit gut 20 Mitarbeiter/innen und mehr als 100 regelmäßigen Nutzer/innen der angebotenen Dienstleistung - als Verwalter eines nicht unbeachtlichen Finanzbudgets, als Ansprechpartner für Eltern, Ämter, Schulen, Dienstleister und als sachlich und organisatorisch Verantwortlicher für die Entwicklung der geleiteten Kita muss es doch möglich sein, klare Richtungen vorzugeben.

Bis zu jenem Tag, an dem der Satz "Alles braucht seine Zeit, wichtig sind viele KLEINE Schritte!" zum gefühlt hundertsten mal den Weg von meinem jeweiligen Gegenüber durch mein Ohr, über das Hirn bis in den Bauch gefunden hat. Spätestens in diesem Moment ist erkannt, dass der Seitentausch, der so sehr gar nicht mit dem Einnehmen einer Position gegenüber des Bisherigen zu tun hat, Fragestellungen und Probleme nicht überwindet, sondern maximal verlagert.
Was dereinst die scheinbar unveränderbaren aber schlechten Rahmenbedingungen waren, sind jetzt die Probleme damit, das an die ausführenden Pädagog/innen zu vermitteln, was der Leiter sich so unter "guter Pädagogik" vorstellt.

Es bleibt also spannend und immer in Bewegung und gefüllt mit kleinen und großen Episoden! Wenn das also nicht zum Weiterschreiben hier Grund genug sein sollte - was dann?!

Dienstag, 25. August 2015

Ein Jahr später...

Die Zeit in einem Kindergarten vergeht ungefähr so schnell, wie ein Wochenende mit Ausblick auf eine anstrengende Arbeitswoche. Ein Jahr ist es nun her, dass mich mein Weg zur Erziehertätigkeit in einen Kindergarten geführt hat. Als Mann, als Sozialpädagoge, als Vater.
Und nach ziemlich genau diesem Jahr gibt es einen aktuellen Anlass zum Schmunzeln, da der neue Kollege im Haus (der zweite Mann im Team!) sich nach den ersten beiden Wochen seiner Mitarbeit so ziemlich genau die Fragen stellt, die ich mir dereinst auch stellte und bis heute nur in kleinen Teilen beantwortet habe. Die wichtigste Frage dabei ist ohne Zweifel: "Warum machen die das so?"
Universell anzuwenden ist die Frage auf den zwischen Frauen scheinbar speziell vereinbarten Umgang mit dem Thema Macht ebenso, wie auf Kommunikations-Highlights, auf den - seit der Präsenz männlicher Kollegen offenkundig schlagartig veränderten - Umgang mit körperlich anstrengenden Tätigkeiten, wie dem Tragen von Wäsche oder Verrücken von Tischen, auf jene Form der speziellen Rücksicht, die Männern (Erziehern und Vätern gleichermaßen) im Kindergarten zuteil wird, wenn es um "Pädagogisches" geht oder die wirklich permanente Frage, wie lange man denn nun eigentlich im Kindergarten arbeiten möchte.
Letztere unterstellt wohl den unbändigen Drang nach einem Fortkommen, den ich einst so gar nicht verspürte. In bester Absicht unterstelle ich im Umkehrschluss, dass die Kolleginnen den von ihnen ausgeübten Beruf für so wenig attraktiv halten, dass ein Mann sich darin keinesfalls für eine längere Zeit aufhalten möchten kann.
Seit kurzem beantworte ich die Frage offensiv mit der Auskunft, dass ich meinen befristeten Arbeitsvertrag - und damit die vertragliche Basis meiner Mitarbeit im Kindergarten - erfüllen werde. Das ist typisch männlich. Denke ich mir. Es macht auch ein wenig Spaß. Auf jeden Fall lässt es Raum für Spekulationen, die aber gar nicht sein müssten, weil der genannte Arbeitsvertrag eben einen letzten Arbeitstag kennt.
Nach einem Jahr im Kindergarten habe ich eine halbwegs passable Vorstellung davon, was Veränderung im Kindergarten (und Bedarf an Veränderung gibt es ausreichend für das Befüllen eines eigenen Blogs) an Anstrengung bedeutet. Die wie in Stein gemeißelte Wahrnehmung der Welt als aus  Männern und Frauen bestehend ist da nur eine Dimension. Wie zum Beweis der noch notwendigen Arbeit in diesem Themenfeld lud der Träger 'meines' Kindergartens irgendwann in der ersten Jahreshälfte zur Mitarbeiter_innen-Feier. Eigentlich eher zur Mitarbeiterinnen-Feier. Was da als geschlechterkritisches Kabarett angedeutet war, entpuppte sich schließlich als Schenkelklopfer-Veranstaltung á la "alle Männer sind stumpf und faul und alle Frauen feiern das gebührend" gespickt mit einer Brise Rassismus. Sehr zur Freude des etwa 90prozentigen Anteils von Mitarbeiterinnen in der Veranstaltung. Für einen kurzen Augenblick schien das sogar den (ausschließlich) Herren der Führungsriege unangenehm.
Aber das sind Episoden. Man sollte übrigens während dieser Episoden, die offensichtlich nur bei den anderen ganz schnell wieder vergessen sind, keinesfalls zu deutlich anzeigen, dass man plumper Klischee-Bedienung eher kritisch gegenüber steht. Ansonsten wird der Verlauf einer solchen Veranstaltung mindestens drei Wochen lang gegenüber Dritten in etwa mit den Worten "Na ja, abgesehen von Max *kicher* hatten wir eigentlich alle Spaß." Das wird dann aber natürlich um die hochkritische Einstellung ergänzt, dass das natürlich nur Kabarett gewesen sei und man das alles ja nicht so ernst nehmen müsse.
Wie gesagt, es braucht noch einiges an Veränderung im Kindergarten.
Meine wesentliche Erkenntnis? Dass ich in Unkenntnis darüber bin, ob sich dieses Mann-Frau-Dingens wirklich jemals auflösen lässt. Das übrigens paart sich mit einer schier unendlich angewachsenen Sehnsucht danach, endlich mal wieder ein Konflikt mit offenem Visier auszutragen, ohne irgendeinen pseudo "Ich schätze dich ja sehr, aber ich wünsche mir von dir..."-Frieden.
Wenn ich heute gefragt würde, was ich mit folgender Beschreibung assoziiere: "Menschen, die mit der Wahrnehmung des selben Auftrags betraut sind, verwenden einen Großteil ihrer Energie nicht auf die Erfüllung des Auftrags, sondern auf das beständige Aushandeln ihrer Machtbeziehungen, wobei Macht nicht dem Streben nach Herrschaft/Führung gleichzusetzen ist, sondern vielmehr die Möglichkeit der beständigen Infragestellung von Führung selbst um den Preis der Zuwiderhandlung gegen eigene fachliche Überzeugungen meint.", so wäre meine Antwort nicht mehr, "der Deutsche Bundestag", sondern "ein Kindergarten".
Spannend im Übrigen, dass man nicht etwa neben solchen Gefügen betrachtend stehen bleibt, sondern früher oder später mittendrin agiert. Aber dazu vielleicht später mehr.

Donnerstag, 22. Januar 2015

Die Rückkehr des Spielzeugs

Fernglas, Mikrofon, Bohrmaschine, Rennauto, Kuscheltier - das ist die "Ausbeute" des vierten spielzeugfreien Tages. Und Gelassenheit im Umgang mit dem Begriff Ordnung.
Es klappt. Wirklich! Sie fangen an, Kreativität komplex zu nutzen. Da steht eine Werkbank in unserem Zimmer. Eine echte. Nur das zugehörige Plastikwerkzeug ist eben gerade in den Ferien. Für drei Tage sorgte das dafür, dass lediglich die Spannvorrichtung an der Werkbank auf- und zugedreht wurde. Heute plötzlich entstanden Bohrmaschinen. Diesem Vorhaben fiel ein Pappkarton zum Opfer. Davon aber haben wir ja gerade genug. Ein Stromkabel gehört auch an eine Bohrmaschine. Zuerst sollte das auch aus demselben Pappkarton ausgeschnitten werden. Ging viel zu schwer und sah irgendwie auch komisch aus. Also schnell umschauen. Und siehe da, in einem Beutel findet sich Wolle. Und weil die für ein Kabel doch ganz schön dünn ist, wird schnell das Flechten gelernt. Fertig.
Die Kuscheltiere sind auch im Urlaub. Das ist deshalb ganz schön schade, weil sie damit mittags gar nicht zum Kuscheln beim Mittagsschlaf da sind. Stoff aber ist gerade jede Menge da. Und nun auch eine Anzahl selbstgebastelter Stoffpuppen, die gar nicht so unkuschelig sind. Vor allem aber sind sie genau so, wie die Kinder sie haben wollten. Schließlich brauchte es Autos. Und weil klein langweilig ist und im Moment sowieso so viele schöne große Kartons da sind, wurde es eben ein etwas größeres Auto. Mit Platz genug für ein ganzes Kind.
Ach ja, ein Schlitten ist wohl die grandioseste Konstruktion des heutigen Tages. Man nehme Pappe, zwei Plastikflaschen als Kufen und gaaaanz viel Paketklebeband. Schon hat man ein Schneetaugliches Gefährt. Die Jungfernfahrt musste noch am Vormittag draußen stattfinden. Und sie gelang.
Und nicht ein einziges Mal hörte man heute die Frage, wann denn das Spielzeug zurückkäme. Wieso auch - es ist ja Spielzeug da.

Mittwoch, 21. Januar 2015

Platz da die Katze! Meine Couch!

Nach drei Tagen des Experiments wissen wir: Es ist für Kinder kein Problem, Kindergartentage ohne Spielzeug zu verbringen. Für den Erzieher gilt diese Aussage nur eingeschränkt.
Das Vorhaben "Spielzeug macht Ferien" entwickelt sich hervorragend. Die Kinder lernen schnell, sich die neue Freiheit von vorgedachtem Spielzeug zu Nutzen zu machen. Es werden Kartonhütten gebaut, es wird experimentiert, gematscht, konstruiert, gebastelt, gestaltet. Heute war eine Kollegin zu Gast, die vor einiger Zeit in Rente ging und uns nun ehrenamtlich unterstützt. Im Gepäck hatte sie Spiele aus ihrer Kinderzeit.
Nachdem der Anfang der spielzeugfreien Woche doch etwas nach Chaos roch, fühlt es sich mittlerweile regelrecht entspannt an. Und schon ist die Idee geboren, das ursprünglich auf eine Woche geplante Projekt noch um ein paar Tage zu verlängern. Die Tinte des Briefes, den unser Spielzeug aus seinen Ferien schickt um mitzuteilen, dass es die freie Zeit noch um ein paar Tage verlängert, trocknet gerade.
Tatsächlich ist das einzige Problem, dass eine spielzeugfreie Woche ein deutliches Mehr an Schlaf verlangt. Und zwar von mir als Erzieher. Mein Gott, was bin ich geschafft, wenn ich gerade nach Hause komme. Zum Glück steht die Couch gleich neben der Tür und ist am Nachmittag meist noch nicht von den Katzen oder dem Sohn in Beschlag genommen. Platz also für die notwendige Pause nach einem spielzeugfreien Tag.
Und langsam wächst die Erkenntnis, dass solch vorgedachtes Spielzeug an der einen oder anderen Stelle doch ganz gut dem Erzieher zur Entlastung dient... Immerhin ein nachhaltiger Erkenntnisgewinn.

Montag, 19. Januar 2015

riots, chaos, confusion & strike - r.c.c.& s.

r.c.c.& s. - riots, chaos, confusion  and strike
Wenn ich mich recht erinnere, ist die Buchstabenkombination ein altes Seefahrersignal, dass Schiffe vor dem Einfahren in einen Hafen warnen sollte, in dem es gerade drunter und drüber geht. Zu Beginn des ersten spielzeugfreien Tages in zwei Gruppen unserer nicht ganz so kleinen Stadtrandkita wäre r.c.c.& s. wohl auch das passende Signal an alle gewesen, die vor dem betreten der Gruppenräume standen.
Okay, zumindest vor einem. In dem nämlich wurden wild alle vorhandenen Kartons - und es waren gar einige in teils beträchtlicher Größe - übereinander gestapelt. Jeweils bis zum Zusammensturz des so entstandenen Turms. Dann ging es von vorn los. Schier unermüdlich wiederholten die Baumeister (es waren nur Jungen) das Procedere. Der Turm war wohl das einzige Produkt, das sich aus dem Aufeinandertreffen von einer Anzahl individueller Konstruktionsvorstellungen ergeben konnte. Zu allem anderen hätte es des Miteinander-Redens und -Diskutierens gebraucht. Das kommt vielleicht morgen. Heute zählte erst einmal der Ausbruch aus den bekannten Strukturen.
Gut so. Erzieher/innen kennen zum Glück ja das Prinzip "Versuch und Irrtum" und vertrauen ganz auf die Nachhaltigkeit jener Erkenntnisgewinne, die Kinder aus selbst gefundenen Problemlösungen ziehen.
Nach einer halben Stunde Bauchaos beruhigte sich die Gesamtlage im Übrigen auch und die vorher kaum wahrnehmbaren kreativen Teamarbeiten kamen voll und ganz zur Geltung. "Willkommen in der Wortwerkstatt" - unter dieser Überschrift stand der erste spielzeugfreie Tag. Buchstaben suchen und nachmalen, den Anfangsbuchstaben des eigenen Namens kreativ umgestalten, eine alte Schreibmaschine und ein Beschriftungsgerät ausprobieren - das waren vorbereitete Angebote. Und "nebenbei" oder hauptsächlich natürlich das Spielen mit all den schönen Alltagsgegenständen, die die Eltern zwei Wochen lang mitgebracht hatten.
Ganz im Stillen entstand das Highlight des ersten Tages. Die morgens noch zum Turmbau verwendeten Kartons formten, im Zusammenspiel mit Decken, Holzbrettern und Pappen vor dem Mittagessen eine Zirkusmanege. Die drei Stillsten hatten die Idee mit ganzer Hingabe umgesetzt. Und nun luden sie ihr Publikum zur Vorstellung. Es gab Pferde, Löwen, Tiger, nach einiger Suche einen Affen und begleitet von einem schelmischen Augenzwinkern eine Kuh. Und natürlich eine Menge ganz ehrlich gemeinten Applaus.
Ab morgen will eine kleine Gruppe anderer Kinder auch an einem Zirkusprogramm arbeiten. Der Stoff zum Jonglieren ist schon gefunden...

Samstag, 17. Januar 2015

Zeug zum Spielen (Auftakt)

Freitagnachmittag. Der Gruppenraum ist leer. Gut, die Möbel stehen noch und in einem Regal finden sich noch Stifte, Farben, Knete und Papier. Ansonsten jedoch sind die ansonsten über und über mit Spielzeug gefüllten Fächer leer. Es ist spielzeugfrei. In der kommenden Woche macht unser Spielzeug Ferien!
Anfangs war es eine einfache Idee. Gehört hatte man schon einmal etwas vom spielzeugfreien Kindergarten. Und irgendwie schienen die Kinder im täglichen Spiel zum einen festgelegt auf in buntes Plastik festgegossene Spielideen. Feuerwehr ist eben Feuerwehr und löscht Feuer. Pferd ist Pferd und dient dem Reiten. Zum anderen gab es ein regelrechtes Spielzeughopping - zwei Minuten jenes Spielzeug, gleich darauf das nächste, dann wieder zurück zum ersten...
Eigentlich aber sollten Kinder doch ganz anders spielen. Vertieft, mit Fantasie, frei in der Interpretation des Spielzeugs. Vielleicht aber lassen wir ein solches Spiel gar nicht zu, wenn wir unseren Kindern schon zu Ende vorgedachtes Spielzeug vor die Nase setzen.
Was also liegt näher, als dieses Spielzeug in die Ferien zu schicken und stattdessen anderes Zeug zum Spielen zur Verfügung zu stellen?! Papprollen, Stoff, Holz, Kartons, Zeitungen, Plastikbecher und -flaschen, Wasser, Sand.
Weil es nicht so ganz sicher scheint, ob das mit dem Spielen ohne Spielzeug klappt, probiert man es sicherheitshalber vorher schon mal aus. Und siehe da, was die Erzieher/innen in Aufregung versetzt (man stellt ja seine eigene Notwendigkeit regelrecht in Frage, wenn die Kinder tatsächlich eigene Ideen entwickeln), ist für die Kinder das großartigste Projekt überhaupt. Aus den ersten Klopapierkernen wird eine Murmelbahn gebaut, der erste Beutel mit Pappresten wird zur Brücke zwischen zwei Regalen.
Nach längerem Planen, Bitten um Materialspenden, Organisieren von ausreichend Personal und Festlegen auf eine passende Woche, ist es nun so weit. Mit den Kindern wurde das Spielzeug in die Ferien verabschiedet. Jedes Kind packte sein Lieblingsspielzeug in die erste Kiste. Und dann ging es ganz schnell. Zwanzig (!) Umzugskartons waren innerhalb einer Stunde mit dem Spielzeug aus zwei Gruppen gefüllt. Und schon der erste Nachmittag ohne Spielzeug sorgt für ganz neue Kreativität. Aus Trinkröhrchen und leeren Flaschen werden Rhytmusinstrumente, Zeitungspapier zu langen Stäben zusammengerollt laden ein zum Balancieren oder eignen sich als Zauberstab. Mal schauen, was in der kommenden Woche noch so alles entsteht an kreativen Ideen mit neuem Zeug zum Spielen.

Freitag, 16. Januar 2015

Willkommen in der Märchenbahn

Ich fahre gern mit der Bahn. Auch wenn die Fahrzeit sich gegenüber der Nutzung eines Autos zweifelsohne verdoppelt, bleibt mir so doch morgens eben diese Zeit, um in den Arbeitstag zu finden. Und nachmittags gelingt mit jedem Meter entspannten Heimweges das Gewinnen von Abstand und das Ankommen im Privatleben. Steuerlich und sonst auch kostentechnisch ist die Fahrt mit den Öffentlichen sowieso vorteilhaft.
Vor allem aber erlebe ich in der Bahn, was ich im Auto nie erleben könnte.
Wenn beispielsweise morgens gegen sieben in einer rappelvollen Straßenbahn ein Vater voller Hingabe seinem Kind auf dem Weg in den Kindergarten Märchen erzählt. Jeden Tag ein anderes. Und in einer Sprache irgendwo zwischen Kinderbuch und Ingenieursvortrag. In jedem Fall aber immer ausgeschmückt mit spannenden Details.
Fünfzehn Minuten Fahrt sind es bis zu jener Station, an der wir drei aussteigen. Fünfzehn Minuten die genügen, um ein wundervolles Märchen auf eine großartige Weise zu Ende erzählt zu haben. Fünfzehn Minuten, die einem Kind einen guten und fantasievollen Start in seinen Kindergarten-Tag sichern, die Papa zum Helden machen. Fünfzehn Minuten, die einem Kind die Sicherheit geben, dass es in dieser merkwürdigen Erwachsenenwelt, in der ansonsten morgens scheinbar alle hektisch, muffelig und furchtbar im Stress sind, einen für es allein reservierten Platz gibt.
Und ganz nebenbei verzaubert der so engagiert erzählende Vater noch eine ganze Straßenbahn voller Erwachsener und zieht sie in den Bann der alten Märchen, die doch irgendwie alle kennen. Meist mit Lücken kennen.
Oder wissen Sie noch, wie es dazu kommt, dass Rapunzel von der Zauberin in den Turm gesperrt wird? Seit heute früh weiß ich es wieder.
Es ist wunderbar zu wissen, dass es solche Eltern gibt, die sich so hingebungsvoll dem Wachsen und Werden ihres Kindes widmen. Vielleicht sind es viel mehr, als ich denke. Besonders schön ist es aber zu erleben, dass dieses Kümmern auch dort gelingt, wo andere gemeinsam mit ihren Kindern in Stress geraten. Fast fühlt es sich an, als würde der erzählende Vater sein Kind verteidigen gegen die Unzulänglichkeiten der morgendlichen Erwachsenenwelt. Und fast fühlt es sich wie ein Appell an die Erwachsenenwelt an, sich auf Dinge zu besinnen, die faszinieren und in den Bann ziehen, Dinge eben, die wir alle gemeinsam genießen können. Es scheint gute Gründe dafür zu geben, dass ausgerechnet Märchen die Jahrhunderte überdauert haben.

Dienstag, 6. Januar 2015

Inklusion? Abbuzze.

Ja, die Überschrift ist drastisch formuliert. Ab und an muss man aber auch mal polemisch werden dürfen. Gerade wenn der zweite Arbeitstag im neuen Jahr mit einer (zugegebenermaßen erwartbaren) Desillusionierung einher geht. Polemisierung des Bauchgefühls wegen also einerseits. Andererseits gibt die Kita-Praxis in Sachen Umgang mit normabweichenden Kindern aber auch wirklich Grund zur Verzweiflung.
Zuallererst für die betroffenen Kinder (der Begriff normabweichend findet gleich eine weitere Ausführung), zudem aber auch für all jene, die darauf setzen, daran glauben oder die zumindest hoffen, dass es so etwas wie eine "mitnehmende Alltagsrealität" für Kinder gibt, die aufgrund irgendeiner Entwicklungseinschränkung, einer körperlichen, geistigen oder sozialen Behinderung oder einfach aufgrund sich vom Mainstream unterscheidender Familien- und Erziehungssettings den Normanaforderungen nicht entsprechen. Von Inklusion mag ich bewusst noch gar nicht sprechen oder schreiben.
Normal und Norm - das sind zwei Begriffe, deren Bedeutung in der Realität von Kita eine unerkannt große Bedeutung haben. Und zwar in zweierlei Hinsicht. Zum einen scheint es eine Art Normaltakt im Alltagsschwingen einer Kita zu geben. Alles geht einen irgendwie genormten Gang, vieles ist über Jahre eingespielt und wenig, wirklich sehr wenig, scheint im täglichen Miteinander von Kindern und Erzieher_innen tatsächlich bedürfnisgerecht ausgehandelt zu werden. In diesen Normaltakt sollten sich Akteure in der Kita - seien es Kinder, Erzieher_innen, Eltern oder Unterstützungsstrukturen - möglichst einfügen. Nicht dass dies ein Naturgesetz wäre, systemisch zu erklären ist es aber sicher.
Die zweite Dimension von Norm bzw. Normalität betrifft die Entwicklung des einzelnen Kindes. Da scheint relativ klar, welcher Entwicklungsstand, welches Verhalten und welcher alltägliche Unterstützungsbedarf "normal" ist. Unterscheidet sich ein Kind nun von solcher Norm, gerät es zum einen potentiell in den zweifelhaften Genuss einer Einzelförderung. Eine solche Einzelförderung bietet betriebswirtschaftliches Potential, bedeutet sie unterm Strich doch eine Möglichkeit zur Anstellung zusätzlichen Personals. In Summe stehen einer Kita dann schnell ein oder zwei Sozialpädagog_innen-Stellen zusätzlich zu den Erzieher_innen-Stellen zur Verfügung. Und Personal das man einmal im Haus hat,...
Zum anderen sorgt dieses Kind im Gruppenkontext für einen real höheren Betreuungsaufwand, braucht vielleicht mehr Zuwendung, besondere Unterstützung bei bestimmten Handlungen oder besondere Rahmenbedingungen für eine gelingende Entwicklung.
Faktisch gäbe es eine recht einfache Möglichkeit des Umgangs mit alledem: man überlege sich, wie der Gruppenalltag in einer Kita so organisiert werden kann, dass alle Kinder darin ihren Platz finden, alle damit zurecht kommen und allen Anforderungen gerecht wird. Man muss das gar nicht Inklusion nennen, um sich schnell darüber klar zu werden, dass bei einem solchen Umdenken die erste Dimension von Normalität in einer Kita intensiv betroffen wäre, der Normaltakt. Der nämlich wäre auf einmal schneller, langsamer, vielfältiger, vielleicht unregelmäßig. Und das scheint gar nicht zu gehen. Nicht in einer eingespielten Kita, in der alle schon immer wissen, wie sie es machen müssen, damit es läuft.
Es?  Dieses "es" braucht offenbar für das Funktionieren einer Kita keiner weiteren Konkretisierung. Vielleicht ist dieses "es" tatsächlich jener kleinste gemeinsame Nenner, der eine Kita, ein pädagogisches Team, den Sozialraum Kita überhaupt zusammenhält. "Es" wird von jeder und jedem individuell interpretiert. Und nur selten schaut man nach den "es" in der Interpretation der anderen.


Das mag nun alles klingen wie ein Frustausbruch eines an eine Grenze gestoßenen Erziehers. Ist es aber nicht. Denn tatsächlich lässt sich in der Kita-Praxis messen, wie oft es um wessen Interessen geht und welche Handlungen auf transparenten Vereinbarungen zwischen verschiedenen Akteur_innen beruhen. Kurzum, es ist messbar, wie oft und wie intensiv es um die Interessen des einzelnen Kindes geht und es ist ebenso messbar, welche Alltagsrealitäten in einer Kita auf nachvollziehbar ausgehandelten und somit transparenten Vereinbarungen beruhen und wie stark demgegenüber die Bedeutung informeller Hierarchien und Regelwerke ist.
Um das von einer "Normabweichung" (wahrlich ein problematisches Wort - aber mir geht es hier ja um ein Problem, ein recht großes sogar wie mir scheint) betroffene Kind wieder in den Blick zu nehmen: seine Interessen und besonderen Bedarfe stehen in der Alltagsrealität der nicht inklusiven Kita weit hinten. Demgegenüber stehen die Interessen und Bedarfe des Personals und des Personalmanagements ziemlich weit vorn. Mir scheint es gerechtfertigt, ob dieser Wahrnehmung nicht von Frustration, sondern vielmehr von einem Problem zu sprechen.
Offenbar gibt es in der Logik, dass Kinder mit besonderem Förderbedarf vordergründig ein Mehr an personeller Zuwendung - also eine irgendwie zu beziffernde Arbeitszeitleistung einer Fachkraft - benötigten, einen Haken: die Praxis. All zu oft frisst die scheinbar jeden Effekt dieses Mehrs auf. Macht es da nicht Sinn, über Alternativen nachzudenken? Darüber vielleicht, was es im Kern ist, das Kinder wirklich benötigen und darüber, was ein System wie eine Kita braucht, um dem gerecht zu werden? Vielleicht braucht es ja des Nachdenkens und Infragestellens von Normalitätsvorstellungen? Und vielleicht braucht es mit Blick auf konkrete Handlungsmöglichkeiten eines Blicks, auf das, was das Miteinander von Menschen im Wesentlichen ausmacht, die Interaktion.
Das Mitdenken und Mitnehmen aller, zum Beispiel auch im Kontext von früher Bildung, braucht das Überwinden von Normalitätsvorstellungen und es braucht eine inklusive Gestaltung von Interaktion, eine mitdenkende und mitnehmende Interaktion zwischen allen Akteuren. Solange wir nicht einmal in die Nähe solcher Praktiken kommen, betreiben wir maximal das Hereinholen Einzelner in starre normverliebte Systeme, keinesfalls aber das, was eigentlich gemeint ist mit dem Begriff Inklusion.

Samstag, 20. Dezember 2014

Praktikanten, Praktikanten

"Es ist doch immer wieder schön, wenn wir die Freunde kommen sehen. Schön ist es ferner, wenn sie bleiben und sich mit uns die Zeit vertreiben. [...] (W. Busch)"
Eigentlich wäre es natürlich schöner, wenn die Praktikanten blieben. Sie nämlich sind eine verlässliche personelle Größe in der Kita, in der die Kolleginnen zur Kompensation von urlaubs-, krankheits- und fortbildungsbedingten Ausfällen zwischen den Gruppen hin- und her zu springen scheinen.
Allerdings gibt es eben verschiedene Praktikanten. Gerade  beispielsweise sind zwei Wochen vorbeigegangen, in denen ein Schülerpraktikum die Kita heimsuchte. Im wahrsten Sinne des Wortes. Zwei andere Praktikanten sind über einen Zeitraum von zehn Wochen jeweils Freitag präsent. Die beiden wiederum sind in Person ein Geschenk - übrigens gleichermaßen für die Kinder wie für die Erzieher/innen. Allerdings ist die eintägige Präsenz je Woche ein echter Unruhefaktor bei den Kindern. Demnächst kommt ein angehender Kinderpfleger, später wohl Erzieher, für vier zusammenhängende Wochen. Und das erste Gespräch war vielversprechend!
All den Praktika ist eines gemeinsam: Seit ich als Erzieher in dieser Kita arbeite, kommen alle männlichen Praktikanten sozusagen automatisch zu mir. Die "Idee" dahinter scheint mir klar, allein ist sie für mich nicht schlüssig. Sollten Praktikant/innen nicht möglichst bei jenen Kolleg/innen tätig werden, die eine große Berufserfahrung haben. Oder ist es für einen künftigen Erzieher besonders wichtig zu erfahren, wie sich ein Mann so in der Berufspraxis fühlt? Jedenfalls wird den Praktikanten damit die Möglichkeit verwehrt, mit den Vertreterinnen des Geschlechts zu arbeiten, das wesentlich die Alltagswelt der Kita bestimmt. Und zugleich wird das Plädoyer für eine männliche Parallelwelt im Alltag der frühkindlichen Bildung formuliert...
Nicht dass es schlimm wäre, wenn ein Praktikant auf einen Erzieher trifft. Nur dass es zum Automatismus wird, irritiert.
Manchmal.