Samstag, 20. Dezember 2014

Praktikanten, Praktikanten

"Es ist doch immer wieder schön, wenn wir die Freunde kommen sehen. Schön ist es ferner, wenn sie bleiben und sich mit uns die Zeit vertreiben. [...] (W. Busch)"
Eigentlich wäre es natürlich schöner, wenn die Praktikanten blieben. Sie nämlich sind eine verlässliche personelle Größe in der Kita, in der die Kolleginnen zur Kompensation von urlaubs-, krankheits- und fortbildungsbedingten Ausfällen zwischen den Gruppen hin- und her zu springen scheinen.
Allerdings gibt es eben verschiedene Praktikanten. Gerade  beispielsweise sind zwei Wochen vorbeigegangen, in denen ein Schülerpraktikum die Kita heimsuchte. Im wahrsten Sinne des Wortes. Zwei andere Praktikanten sind über einen Zeitraum von zehn Wochen jeweils Freitag präsent. Die beiden wiederum sind in Person ein Geschenk - übrigens gleichermaßen für die Kinder wie für die Erzieher/innen. Allerdings ist die eintägige Präsenz je Woche ein echter Unruhefaktor bei den Kindern. Demnächst kommt ein angehender Kinderpfleger, später wohl Erzieher, für vier zusammenhängende Wochen. Und das erste Gespräch war vielversprechend!
All den Praktika ist eines gemeinsam: Seit ich als Erzieher in dieser Kita arbeite, kommen alle männlichen Praktikanten sozusagen automatisch zu mir. Die "Idee" dahinter scheint mir klar, allein ist sie für mich nicht schlüssig. Sollten Praktikant/innen nicht möglichst bei jenen Kolleg/innen tätig werden, die eine große Berufserfahrung haben. Oder ist es für einen künftigen Erzieher besonders wichtig zu erfahren, wie sich ein Mann so in der Berufspraxis fühlt? Jedenfalls wird den Praktikanten damit die Möglichkeit verwehrt, mit den Vertreterinnen des Geschlechts zu arbeiten, das wesentlich die Alltagswelt der Kita bestimmt. Und zugleich wird das Plädoyer für eine männliche Parallelwelt im Alltag der frühkindlichen Bildung formuliert...
Nicht dass es schlimm wäre, wenn ein Praktikant auf einen Erzieher trifft. Nur dass es zum Automatismus wird, irritiert.
Manchmal.

Dienstag, 18. November 2014

Ein Mann in der Kita verändert den Sprachgebrauch... nicht.

Ein Schmunzeln muss erlaubt sein. Vor allem dann, wenn man als Mann in einer Frauendomäne wie der Kita erlebt, wie Frauen unter dem Aspekt Geschlechtergerechtigkeit mit Sprache umgehen. Schmunzelnd nehme ich das deshalb zur Kenntnis, weil ich mir schon so oft anhören durfte, wie stark doch Männer die Wirkungsmacht über Sprachgebräuche in allen Teilen der Gesellschaft an sich gerissen hätten und wie sehr Frauen darum kämpfen müssten, in Sprache überhaupt stattzufinden.
Dass ich mich zu diesem Thema mit gutem Gewissen überhaupt und dann auch noch unter Gebrauch des Wortes "Schmunzeln" äußere, hat einfach damit zu tun, dass ich mich zu den Männern zähle, denen das Thema Gender(-sensibilität, -gerechtigkeit, -konstruktion) als  wichtig erscheint. Entsprechend habe ich mich in der Vergangenheit durchaus kritisch und selbstkritisch damit auseinander gesetzt.
Nun bewege ich mich in einem bislang ausschließlich von Frauen konstruierten und verantworteten Sozialraum - einer (qua Einrichtungstyp sowieso schon als weiblich konnotiert geltenden) Kita mit mehr als dreißig Kolleginnen und bislang keinem Mann im Team - einer Komfortzone also für weibliche Selbstbehauptung und von Männern fast unbeeinflusst. Hier könnten sich Frauen in gewaltfreier Kommunikation, in geschlechtergerechtem Sprachgebrauch, in direktem ehrlichem und hierarchiefreiem Miteinander üben. Niemand würde es als Sozialarbeitergedöhns und Emanzentum abtun, kein Mann müsste überzeugt werden, niemand würde das belächeln. Männer die sich in das so gestaltete Miteinander begäben, wären nahezu selbstverständlich dazu angehalten, sich als hinzukommende Minderheit anzupassen, sich des weiblichen Kommunikationsgebahrens anzunehmen.
Allein die Praxis schreibt andere Geschichten und kennt andere Realitäten. Da sitze ich als einziger Mann. Und ich wähne mich irritiert kurzzeitig in einem eigentlich längst von Männern übernommenem Berufsfeld. Die Erzieher tun dies, sie müssen jenes verantworten. Ach ja, und gut ist es, wenn dann der Erzieher in bestimmten Situationen Unterstützung von einem Mann erhält... Ähm..., hm?!.!?
Nun ja also... DIE ERZIEHERIN scheint es in der Sprachrealität der Frauendomäne Kita - zumindest hier - nicht zu geben. Oder zumindest nur als Randerscheinung.


Nicht dass ich jetzt beginnen müsste, den Frauen diese Tatsache bewusst zu machen. Da müssen sie schon selbst drauf kommen. Schließlich entbehrt es jeder Logik, wenn Erzieher nicht gut Väterarbeit initiieren können, weil eben Erzieher viel näher an den Vätern dran sind. Oder dass es gut ist, wenn ein Erzieher im Hause arbeitet, weil es manchmal ganz gut ist, dass die Jungen jetzt ein lebendes Erwachsenenexemplar ihres Geschlechts alltäglich erleben können, was sie ja nicht können, wenn in der Kita nur Erzieher arbeiten. You know? Ja, an der einen oder anderen stelle wäre die Existenz der ERZIEHERIN auch in der Sprachwirklichkeit schon hilfreich.


Okay, ich treib's auf die Spitze. Und ja, ich tue es mit ein kleinwenig Sarkasmus und auch mit ein wenig Genugtuung. Irgendwann brauche ich auch einmal den ehrlichen Ausgleich dafür, dass ich als interessierter und sensibilisierter Mann von den sprachgewaltigen Feministinnen stellvertretend für mein Geschlecht immer die Verbalprügel einstecken musste. In den Diskussionsrunden war ich zumeist der einzige Mann und von daher wohl prädestiniert als Empfänger der Botschaft an das von mir nun mal vertretenen Geschlecht. Jetzt kann ich "zurückschlagen". Indem ich mich zurücklehne und - schmunzelnd - beobachte, was die Frauen denn so tun und reden, wenn sie unter sich sind und dafür auch noch selbst die Verantwortung tragen.

Montag, 17. November 2014

Generalverdacht

Was wurde nicht schon alles zum Thema "Generalverdacht" im Zusammenhang mit Männern in  Kitas geschrieben. Es gab gleich zu Beginn des Bundesprogramms "MEHR Männer in Kitas", genau genommen sogar schon davor, den Hinweis, dass man einen Umgang mit eben jenem Generalverdacht finden müsse.
Muss man auch! Es sollte wohl in jeder Einrichtung Ideen dazu geben, wie man umgeht mit Situationen, in denen Erzieherinnen oder Erzieher in Verdacht geraten, sich unangemessen gegenüber Kindern verhalten zu haben. Und im besten aller Fälle ist eine solche Ideensammlung schriftlich festgehalten. Schnell gerät man sonst in unüberlegtes Handeln, wenn ein Vorwurf im Raume steht.
Was aber für gewöhnlich mit dem Begriff Generalverdacht verbunden ist, ist doch die generelle Unterstellung, ein Mensch sei ob eines Merkmals wie Geschlecht oder Herkunft oder Berufszugang besonders anfällig für unangemessenes Verhalten.
Die Unterstellung also, Männer seien potentiell gefährdet, in Ausübung des Erzieherberufs gegenüber den Kindern sexuell übergriffig zu werden, wäre ein solcher Generalverdacht. Und der Generalverdacht des sexuellen Missbrauchs begleitete alle Bemühungen, mehr Männer in die Kitas zu holen.
Allerdings fand diese Begleitung zumeist auf einer merkwürdig abstrakten Ebene statt. So diskutierten Träger und Einrichtungsleitungen darüber, wie man mit dem Generalverdacht umgehen könnte. Oder männliche Erzieher formulierten ihre eigene Vorsicht im Umgang mit Kindern, weil es ja sein könnte, dass Eltern Übergriffigkeiten generell unterstellten. Oder Erzieherinnen etablierten sozusagen präventiv bestimmte Verhaltensregeln, die ihre männlichen Kollegen zu beachten hätten (etwa dass Männer nur bei geöffneter Badtür Kinder wickeln dürften). Dass Eltern jenseits eines konkreten Verdachts männliche Erzieher ablehnen, ist daher kaum überliefert.
Und dennoch schwebte das Thema Generalverdacht auch irgendwie über meinem Weg in die Kita. Kollegen fragten nach, Literatur wurde gereicht, Hinweise wurden gegeben. Nach fast vier Monaten in der Kita weiß ich aber zu berichten, dass ich nicht ein einziges mal mit einer generellen Verdächtigung konfrontiert war - nicht durch die über dreißig Kolleginnen, nicht durch Eltern, nicht durch den Träger. Ich bin Erzieher, wie es die Erzieherinnen auch sind. Vielleicht bin ich manchmal strenger oder weniger streng als die Kolleginnen, manchmal lauter oder leiser, manches mal mehr oder weniger als die Kolleginnen für Kuscheln, Trösten oder Beruhigen verantwortlich. Aber keinesfalls habe ich je gespürt, gehört oder sonst irgendwie erfahren, dass ich weil ich ein Mann bin unter besonderer Observation oder unter einem Vorbehalt stand. Nach ein paar Monaten in der Praxis traut man sich, Kolleginnen oder Eltern auch einmal direkt nach ihrer Wahrnehmung zu befragen. Ich fand dabei Bestätigung für meine Wahrnehmung.


Fragt sich für mich also, ob wir mit dem so sehr lauten Nachdenken über das Thema Generalverdacht nicht den einen oder anderen Erzieher bzw. Sozialpädagogen davon abhalten, in einer Kita zu arbeiten. Vielleicht ist die Praxis viel weniger mit dem Problem aufgeladen, als man es sich in der Theorie ausmalt? Und vielleicht müssen wir einfach lernen, auch dieses Thema zu entdramatisieren. In Sachen Gender (ganz allgemein) gelingt das mittlerweile doch auch schon ganz gut.

Freitag, 14. November 2014

Forschungsprojekt Freigelände

Eine kleine Auszeit aus der Routine des Kita-Alltags lenkt den Blick auch wieder auf ein notwendiges Forschungsvorhaben für die im kommenden Jahr anstehende Master Thesis. Und sie gibt die Möglichkeit des hektikfreien Weiterdenkens und Nachfragens.
Und so zeichnet sich eine Präferenz bei der Bearbeitung eines Themas ab, das in meinem Berufsalltag ebenso stattfindet wie in der Schwerpunktbearbeitung innerhalb des Masterstudiums. Nachdem es in der Setzung und Durchsetzung von Regeln im Freigelände der Kita in den vergangenen Wochen einige Bewegung gab (das wäre bzw. ist wohl einen extra Post wert), muss ich einfach untersuchen, inwieweit solche Regelungen die Aneignung des Freigeländes als sozialen Bewegungsraum der Kinder beeinflusst.
Spannend scheint mir eine solche Beforschung vor allem, weil ich davon ausgehe, dass Kinder im Kindergartenalter sehr wohl in der Lage sind, sich jenseits des bestehenden Regelwerks Freiräume zu erstreiten bzw. Freiräume einfach in Besitz zu nehmen. Und vielleicht trägt eine starke Reglementierung sogar dazu bei, dass die Kreativität der Kinder im Entwickeln eigener Strategien zur Sozialraumkonstitution gefördert werden. Schließlich geht es in einem stark reglementierten Raum nicht mehr nur darum, sich einzurichten, sondern zusätzlich auch darum, das Gewollte ebenso wie das Erreichte zu verteidigen.


In einigen Wochen wird es eine Kinderkonferenz zum Thema Regeln im Freigelände geben. Im Vorfeld sollen in den Gruppen bereits Ideen entwickelt werden. Vor einiger Zeit wurde in Vorbereitung auf diese Kinderkonferenz und vielleicht ja auch in Reaktion auf die Thematisierung des Gartenregelwerks ein Regelwerk für das Freigelände in der Teamberatung verkündet. Scheinbar gab es Handlungsbedarf, der wiederum jedoch nicht so groß war, dass es einer Diskussion im Team gebraucht hätte. Oder die Furcht vor der potentiell ausbrechenden Anarchie mit frei in verschiedene Richtungen schaukelnden Kindern usw. war zu groß.


Jedenfalls scheint mir das Thema sehr spannend und ich hoffe sehr darauf, dass mir die Beobachtung und Befragung der Kinder erlaubt wird. Bestenfalls wäre für eine fundierte Forschung die Beobachtung in einer anderen Einrichtung hilfreich. Mal schauen, was sich da tun lässt.


Freie Tage - zumal wenn sie im Bett verbracht werden (müssen) - regen doch stark die Fähigkeit des abstrakten Denkens an. Und sorgen für mehr Bewegung, als anfänglich vermutet.

Mittwoch, 12. November 2014

krank zu sein...

Es braucht nicht viel, um krank zu sein. Gerade in einer Kita im beginnenden Herbst. Husten und laufende Nasen überall...


Um sich so krank zu fühlen, dass man nicht mehr zur Arbeit gehen kann, braucht es da schon mehr. Vor allem mehr Zeit und einen Husten, der beim besten Willen nicht mehr nur ein einfacher Husten ist. Fieber sollte dabei sein und eine Stimme, die vor Heiserkeit nicht mehr zu verstehen ist. Drunter geht nichts.
Nun sitze ich also zu Hause. Nach drei Wochen des Versuchs, eine Erkältung (oder vielleicht waren es auch mehrere nacheinander) mit Hausmittelchen zwischen Feierabend und Arbeitsbeginn wegzukurieren, hat sich das eigene Immunsystem dazu entschieden, in den Warnstreik zu gehen. Eine Bronchitis ist aus der anfangs kleinen Erkältung geworden. Und die bahnt sich nun mit aller Macht ihren Weg und fordert ihren Tribut. Aus der anfänglichen Annahme, man könne die mit der Kranschreibung plötzlich existierende freie Zeit ja dadurch nutzen, dass man Vorbereitungen trifft für die nächste Zeit, Material erarbeitet, Dokumentationen entwickelt, Pläne visioniert, zerschlägt sich bei 38,5° Fieber und irgendwie überall existierender Knochen- und Muskelschwere ganz schnell.


Hätte man nur...! Ja hätte man nur auf die warnenden Stimmen da draußen und auf die eigene innere Stimme gehört, die da alle miteinander gesagt haben, man solle eine Erkältung nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wäre man vielleicht etwas vorsichtiger gewesen in der Regenerations- und Freizeit, hätte etwas mehr geschlafen, ein oder zwei Termine abgesagt, wäre vielleicht schon einmal deutlich früher einen Tag zu Hause und im Bett geblieben. Dann wäre man jetzt kein Totalausfall. Und man wäre schon gar nicht überraschend für eine ganze Woche weit weg von seiner Kindergruppe.
Allerdings fragt sich so im Nachhinein, wann man denn hätte einen Gang zurückschalten können. In der Kita gibt es niemanden, der einfach mal so die eigene Gruppe übernimmt, nur weil man mal einen Tag Pause braucht. Erzieherinnen müssen dann aus einer anderen Gruppe herangeholt werden. Auch gibt es in der Situation des vollen Ausreizens knapper Personaldecken kaum eine Kultur des Aufeinander-Achtens im Sinne von "Geh' doch heute mal etwas früher nach Hause und ruhe dich aus."
Stattdessen springt man selbst in die tagtäglich entstehenden Lücken, improvisiert, hilft aus, reduziert, verdoppelt sich gefühlt zwischen Vorbereitung, Aufsicht, Angebotsplanung und -Gestaltung, Dokumentation und Abrechnung. Kein tag, an dem man nicht - zumindest für einen Moment - am Limit ankommt.


Ich bewundere die Kolleginnen, die das offensichtlich seit Jahren und Jahrzehnten so tun und dennoch jeden Tag aufs neue hoch motiviert morgens ihre Kinder erwarten, sich an deren Interessen und Bedarfen orientieren, ihr Bestes geben. Ab nächste Woche bin ich auch wieder dabei. Aber irgendwie muss ich wohl schauen, woher ich die Gelassenheit bekomme, besser auf mich selbst zu achten ohne Angst zu haben, kein ganz so guter Erzieher zu sein.

Dienstag, 11. November 2014

Dagmar analysiert Entwicklungen...

Es muss mal gesagt werden: Dafür, dass den Kitas und den in ihnen arbeitenden Erzieher_innen eine immer größere Bedeutung beigemessen wird, dafür dass wir Kita längst als echte Bildungseinrichtung verstehen gelernt haben, ist der Beruf wirklich nicht gut bezahlt.


Zeit laut zu werden. "Erzieherinnen verdienen mehr!", so heißt die Kampagne der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).




Dagmar analysiert Entwicklungen, ich erforsche mit meinen Kindern die Welt, und jeder von uns baut Zukunft.

Montag, 3. November 2014

Herausforderung zum Cornhole-Battle

Die Thüringer Erzieher, Sozialpädagogen, Heilerzieher etc. sind herausgefordert, sich an der 1. Thüringer Cornhole-Meisterschaft der Kita-Männer zu beteiligen. Konkret lautet die Herausforderung:

"Ich fordere die Thüringer Erzieher und Sozialpädagogen (ebenso die männlichen Auszubildenden und Studierenden in den entsprechenden Studien- und Ausbildungsgängen) heraus zur 1. Thüringer Cornhole-Meisterschaft der Kita-Männer.  Ausgetragen wird die Meisterschaft im Februar 2015 an einem zwischen allen Wettkamfbeteiligten noch zu vereinbarenden Termin. Austragungsort ist Erfurt. Gespielt wird nach den Regeln des DeCoV - Deutscher Cornhole Verband in den Disziplinen Einzel, Doppel und Mannschaft.
Im Einzel dürfen dabei Erzieher, im Doppel Erzieher gemeinsam mit einer/einem Vertreter/in der u.g. Personengruppen (auch Erzieher mit Erzieher/in) antreten. In der Disziplin Mannschaft dürfen Mannschaften antreten, die sich aus Vertreter/innen von mindestens zwei der Personengruppen Erzieher, Väter, Erzieherinnen, Mütter, Trägervertreter/innen, Politiker/in zusammensetzen. Eine Mannschaft muss dabei aus vier bis sechs Spieler/innen bestehen.
Wer nimmt die Herausforderung an? Rückmeldung an cornhole@braunmario.de Mehr zur Entwicklung dieser Herausforderung wird auf der Homepage von Mario Braun unter http://braunmario.de/4.html zu lesen sein.

Dienstag, 28. Oktober 2014

Betreuungsschlüssel

Der Schlüssel für eine gute Betreuung von Kindern in der Kita ist nicht der Betreuungsschlüssel. Der übrigens beträgt in Thüringen per Kita-Gesetz in der Altersstufe ab 3 Jahren bis zum Schuleintritt maximal 1:16. Der Schlüssel für eine gute Pädagogik allerdings liegt nicht in einer Zahl. Er liegt in einem durchdachten Betreuungs- und Bildungskonzept. Das lässt dann wiederum Variabilität in den Betreuungszahlen zu.


In den Wochen meiner bisherigen Tätigkeit als Erzieher war ich gelegentlich der alleinige Betreuer meiner Gruppe. An wenigen Tagen auch mit einer betreuten Kinderzahl oberhalb der Betreuungsschlüssels.
Ob dies allerdings jeweils problematisch oder wenig dramatisch ist, hängt fast ausschließlich davon ab, was an dem Tag geplant ist und welche Kinder der Gruppe anwesend sind. An manchem Tag sind schon zwölf Kinder sehr viel. Wenn beispielsweise ein geplantes Angebot ein wenig mehr Aufmerksamkeit fordert, unter den zwölf Anwesenden aber genau an diesem Tag alle sechs Kinder sind, die im freien Spiel ebenso wie in der angeleiteten Beschäftigung ein hohes Maß an individueller Aufmerksamkeit benötigen. Schnell wird das Angebot dann entweder zur unbegleiteten Selbstbeschäftigung der anderen Kinder oder aber das Ergebnis des Angebots fällt deutlich "kleiner" aus, als es zuvor angedacht war.
An anderen Tagen sind wir in der Gruppe draußen unterwegs. Dann können auch noch zehn Kinder aus einer anderen Gruppe dabei sein, ohne dass das Chaos ausbricht. Ganz im Gegenteil: in solchen Situationen sorgt eine große Gruppe unter Umständen für eine angenehme Dynamik.


Fragt sich also, wie mit solcher Differenziertheit umgegangen werden kann. Vielleicht ja mit einer Loslösung von der klassischen Strukturierung in Gruppen. Dann kann eben eine Anzahl X an Kindern mit in die Bibliothek kommen, während die anderen ganz selbstverständlich weiter in der Kita Betreuung finden. Und beim nächsten mal gehen dann andere mit. Und alle Angebote in der Kita könnten genau so funktionieren.
Gibt es schon? Stimmt. Gruppenoffene Kitas haben bereits eine längere Tradition.
Aber immer noch gibt es durchgruppierte Einrichtungen. Und in beiden Organisationsformen finden sich letztlich Kinder mit den gleichen Voraussetzungen: große, kleine, laute, leise, neugierige, ruhe- oder krachliebende und Kinder mit den unterschiedlichsten Ressourcen. Stark auf fix bestehende Gruppen orientierte Kitas könnten allerdings die notwendige Variabilität in der Betreuung der Kinder auch herstellen. Mit einer angemessenen Personaldecke. Dann könnten Gruppen geteilt bzw. differenziert betreut werden, könnten Kinder einzeln die Aufmerksamkeit erhalten, die ihnen im Situationsansatz zusteht, könnten Erzieher_innen sich in Kleingruppen-Kontexte oder Einzelsettings begeben.


Spätestens in der inklusiven Aufstellung einer Kindertageseinrichtung wird es ohne eine konsequente Aufhebung klassischer Gruppenstrukturen nicht mehr gehen. Anders nämlich ist es nicht vorstellbar, allen Kindern - unabhängig von ihren Ressourcen, Begabungen, Herkünften, Interessen, familiären und kulturellen Hintergründen - gerecht zu werden.


Soweit sind wir allerdings noch nicht. Im Moment braucht es "nur" Rahmenbedingungen, um der Anforderung gerecht zu werden, Kita als Bildungseinrichtung zu verstehen, die dann eben mehr leisten muss, als nur eine Betreuung über den Tag.
In guten Rahmenbedingungen können wir Kinder gut auf das Leben vorbereiten, gut auf spätere Lernschritte, gut auch darauf, in anderen Bildungssystemen zu bestehen.
Können wir.

Freitag, 24. Oktober 2014

Tage der seelischen Gesundheit

Ab und an genieße ich die Möglichkeit, zu meinen Wurzeln zurückzukehren. Gestern Abend ergab sich eine solche Möglichkeit bei einer Moderation zu den Tagen der Seelischen Gesundheit in Weimar. Das Leitthema des Podiumsgespräches lautete "psychisch krank und dennoch mittendrin". Es ging um die gesellschaftlichen Bedingungen, in denen seelische Gesundheit leidet und um notwendige Rahmungen für die Ermöglichung eines "normalen" Lebens mit psychischer Krankheit.
Befragt nach den Wünschen für die Zukunft im Zusammenhang mit dem Thema seelische Gesundheit antwortete eine Podiumsteilnehmer sinngemäß: "Ich wünsche mir, dass wir wieder schätzen lernen, was jeder für Potentiale in sich trägt, dass wir wegkommen davon, immer nur vermeintliche Defizite zu analysieren. Ich wünsche mir, dass wir interessiert aufeinander zugehen, uns zuhören und wieder mehr auf den anderen achten." Die Wünsche formulierte jemand, der therapeutisch arbeitet. Jemand, der sich bessere Rahmenbedingungen wünschen könnte, mehr Geld, mehr Information der Betroffenen und Angehörigen, weniger Bürokratie im Umgang mit den Krankenkassen. Alle diese Wünsche wären wohl auch berechtigt gewesen. Aus seiner Sicht aber war anderes viel wichtiger.
Und Recht hat er. Eigentlich braucht es doch gar nicht so viel, um Gutes zu tun für seelische Gesundheit, für das Gefühl, ein gutes Leben zu führen. Es braucht Achtsamkeit - auf sich selbst, auf die anderen, auf das was einem die Leichtigkeit und Fröhlichkeit des Lebens rauben kann.
Und können wir in der Kita nicht einen riesigen Beitrag dazu leisten, dass Kinder diese Achtsamkeit entwickeln? Wir können als Pädagog/innen selbst darauf achten, nicht über die Köpfe der Kinder hinweg zu entscheiden, Emotionen ernst zu schätzen, Ängste nicht beiseite zu schieben sondern zu nehmen. Wir können alltägliche Bedingungen schaffen, die Kinder dazu anregen, auf die anderen zu achten, Fröhlichkeit gemeinsam zu schaffen und zu genießen, gemeinsam Mut zu entwickeln.
Wir könnten endlich aufhören, strichlistenartig die Defizite der von uns betreuten Kinder aufzulisten und ihre Passung in die Anforderungswelt von Schule und Beruf zu überprüfen. Wir könnten uns endlich auf die Suche machen nach den Potentialen und Fähigkeiten jedes einzelnen kleinen Menschen in unserer Obhut, nach dem was ihn jeweils einzigartig und besonders macht.
In anderen Bereichen können wir doch auch präventiv sein: Sprache, Motorik, Sucht, ... "Erziehung ist Beispiel und Liebe, sonst nichts.", so soll es der alte Fröbel dereinst gesagt haben. Seien wir also Beispiel und vermitteln unseren Kindern mit Liebe, wie wertvoll unser Leben und das Leben der Menschen um uns herum ist und wie wichtig es ist, dieses wundervolle Leben in der Seele gesund genießen zu können.

Freitag, 17. Oktober 2014

gefördert...

Eine Gruppe, zwanzig Kinder... und scheinbar kaum eines "normal entwickelt". Ein unglaublicher Hagel an Förderbedarfen - diagnostiziert durch Jugendamt, Ärzteschaft, Therapeut/innen - schlägt auf den Gruppenalltag hernieder. Neben allem anderen übrigens.
Sprachförderung, Motorikförderung, Förderung der Sozialkompetenz, Umgang mit einer auditiven Wahrnehmungsstörung. Dazu kommen noch jene "Bedarfe", die von den Eltern (gelegentlich wohl zum Glück) nicht getragen werden, also letztlich nicht zu irgendeiner Form von Förderung führen.

Nun könnte man meinen, so viele im Kitaalltag geförderte Kinder führten fast zwangsläufig zu einer inklusiven pädagogischen Aufstellung. Tatsächlich aber steigt das Potential, dass die Summe der Einzelförderungen eine weit gefasste Alltagsaufstellung der Gruppe ver- oder zumindest behindert und stattdessen zu einer Ansammlung ständig präsenter sich kreuzender Einbahnstraßen führt. Stempel drauf und...
Und alles, weil nicht einmal die Hälfte der Kinder einer Norm entspricht, die vermutlich doch nur darauf zielt, dem System Schule möglichst optimiert zur Verfügung gestellt zu werden. Damit werden nicht etwa Angebote in der Kita geöffnet, damit wird nicht der Kreis erweitert, in dem Kinder mit verschiedensten Bedürfnissen und Bedarfen Platz finden können, damit wird - zumindest in der Realität wie ich sie wahrnehme - das Gegenteil von Inklusion betrieben. Da werden Stempel verteilt und Erklärungen gleich mitgeliefert.

Statt einer pädagogischen Rahmung mit entsprechender Personal- und Raumausstattung, die es zulässt sich jedem Kind entsprechend seiner jeweils besonderen Bedarfe zu widmen, rückt das jeweils diagnostizierte Defizit in den Mittelpunkt und wird nahezu technisch abgehandelt. Unterlegt mit Förderstunden, wahlweise im Gruppenkontext oder im Einzelsetting, kann das Defizit dann soweit bearbeitet werden, dass das Kind sich wieder der Norm annähert. Das Management dieser Förderungen kostet gefühlte Unmengen an Zeit und Aufmerksamkeit. Zeit und Energie, die der Arbeit mit den Kindern entzogen wird.

Diese Sicht ist vielleicht ein wenig engstirnig. Natürlich braucht es Einzelförderung und das nicht selten über das Maß der Möglichkeiten eines/einer Erzieher/in hinaus. Wenn solche Förderung jedoch mit der Stoppuhr in der Hand realisiert und abgerechnet werden muss, muss sie die Ziele inklusiver Pädagogik verfehlen.

Mittwoch, 1. Oktober 2014

Regulative im Grünen

Eine Kita ist ein komplexes System. Und komplexe Systeme brauchen Regeln. Zumal wenn in ihnen Kinder betreut und gefördert werden.
Das mit den Regeln ist allerdings so eine Sache. Es gibt solche, die auf Papier (oder neuerdings in die Cloud) geschrieben werden und dadurch Gültigkeit erhalten. Sollen solche Regeln verändert werden - etwa weil sie sich nicht bewährt haben oder die Regelwächter/innen irgendwann neue Gesichter haben - braucht es einer Auseinandersetzung, einer Vereinbarung oder eines entsprechenden Dekrets "von oben". Öffnungszeiten lassen sich in einer Kita so regeln. Oder Dienstpläne oder Raumausstattungen.
Eine andere Form von Regeln entsteht in der täglichen Arbeit der Erzieher/innen. Und solche Regeln sind keinesfalls einheitlich - selbst wenn die grundsätzliche pädagogische Ausrichtung der Erzieher/innen doch eine ähnliche sein sollte. Und dennoch unterscheiden sich im konkreten Tun Vorstellungen davon, was richtig und wichtig ist. So entscheidet beispielsweise jede/r Erzieher/in, bei welchem Wetter es tatsächlich raus geht - beispielsweise durch eine eigene Interpretation der Regenstärke.
So erfährt eine Kita Leben, so lernen Kinder zudem, dass auch Erwachsene unterschiedliche Meinungen haben und unterm Strich dennoch sehr gut miteinander klarkommen können. Nicht zuletzt wegen der Verschiedenartigkeit von erwachsenen Bezugspersonen sollten Kinder in der Kita zwischen verschiedenen Ansprechpartner/innen wählen können bzw. ab und an mit verschiedenen konfrontiert sein.
Zur Schwierigkeit werden individuell getroffene Regelungen allerdings in einem komplexen System dadurch, dass sich aus ihnen in der Summe ein Regelwerk ergibt, dass keinesfalls mehr vielfältig ist, sondern nach und nach sehr enge Grenzen setzt. Unter Umständen ist das sogar gar nicht so ungewollt. In jedem Fall aber ist dieser Mechanismus wirkungsmächtig.
Beispiel Schaukel... Im Garten gibt es zwei nebeneinander hängende Schaukeln. Für diese Anlage (umgeben von einer kleinen Hecke, durch die ein Zutrittsbereich genau gekennzeichnet ist) gibt es Regelwerk. Geschaukelt werden darf nur, wenn ein/e Erzieher/in anwesend ist. Es darf nur sitzend und nur mit dem Gesicht in Richtung des "Eingangs" geschaukelt werden. Schaukeln dürfen zudem nur Kinder, die allein auf die Schaukel klettern und diese allein in Bewegung versetzen können. Wie lange das einzelne Kind schaukeln darf, ist wahlweise zu zählen, zeitlich zu messen oder aus dem Bauch zu bestimmen. Kein anderes Kind darf (das folgt aus den Regeln und wird regelmäßig angemahnt) den abgegrenzten Schaukelbereich während des Schaukelns betreten - also auch nicht etwa, um einem anderen Kind zu helfen oder ihm Anschwung zu geben. Und da sich das Erdreich unter den schaukeln zugleich verdichtet und reduziert, also kleine Kuhlen entstehen, müssen nach und nach die Beine der Kinder, die allein auf die Schaukel kommen können, immer länger werden. Wahlweise dürfte auch die Technik des selbstständigen Aufstiegs immer ausgefeilter werden...
Die Summe dieser Regeln steht nicht etwa irgendwo geschrieben. Sie ist auch nie - so scheint es zumindest - diskutiert worden. Vielmehr ergibt sie sich daraus, dass immer wieder andere Kolleg/innen an der Schaukel die Aufgabe der Aufsicht übernehmen. Und für jede und jeden scheint eine andere Regel passend und wichtig. Da man eine einmal von einer/einem Kolleg/in ausgesprochene Regel niemals in Frage stellen würde, weil dies ja einem Infragestellen der/des Kolleg/in gleichkommen könnte. Und so kommt eine Regelung auf die andere. Bis schließlich kaum noch Platz bleibt für kreatives Spiel. Und das ausgerechnet an der Schaukel, die für die motorische Entwicklung so wichtig sein kann. Und nahezu prädestiniert ist für die Erprobung der Kinder in Sachen Kooperation, Konfliktaustragung und Selbstregulation.
Beispiel Pfütze... Es ist klar, auch bei Regenwetter geht es in den Garten. Allerdings finden sich an drei Stellen bei Regen schöne Pfützen. Oder zum Glück befinden sie sich schnell dort. Selbstverständlich jedoch sind auch diese drei Pfützen durchreguliert. Das Schema der Regelentstehung ist ein ähnliches wie an der Schaukel. Bei oder nach Regen gehen die Kinder in Regenkleidung in den Garten. Gummistiefel, Regenhose und Regenjacke gehören dazu - eigentlich also weitgehend wasserdicht. Einige wenige Kinder haben gelegentlich leider keine Wechselsachen mit. Manches mal sind die Gummistiefel gerade zu klein. In den Gruppenräumen warten aber für alle Kinder für den Bedarfsfall Wechselsachen. Selbst wenn ein Kind ohne Regensachen sich in einer Pfützen badet, könnte es wenige Augenblicke später umgezogen und damit trocken sein.
Die Pfützen-Regelungen sind eine Ansammlung von wenn-dann-Kombinationen. So könnten Kinder aus einigen Gruppen (immer abhängig von dem/der jeweiligen Erzieher/in) in voller Regenmontur selbstverständlich wild durch die Pfützen springen. Andere Gruppen kennen die Einschränkung, dass man bitte nicht springen, sondern nur vorsichtig hindurch laufen sollte. Wieder andere Gruppen sind ermahnt, dass sich in den Pfützen nur bewegt werden darf, wenn gerade kein Kind in der Nähe ist, dass nicht ebenfalls vollständig in Regenkluft gekleidet ist. Pech haben übrigens die Kinder jener Gruppen, in denen Erzieher/innen die Erfahrung gemacht haben, dass Gummistiefel auch einmal undicht sein können. Für sie gilt ein grundsätzliches Pfützen-Verbot. Noch nicht angesprochen ist übrigens der Fall, dass ein Kind sich mit Schippe und Eimer ausgestattet der Pfütze zum Spiel nähert, Wasser etwa in den Sandkasten transportiert werden soll oder diverse Materialien der Pfütze zugegeben werden sollen, um die entsprechenden Wirkungen zu beobachten.
Für jede der genannten Regeln gibt es einen jeweils guten Grund. Die Fairness allen Kindern gegenüber gebietet es jedoch, an der Pfütze in der unmittelbaren Situation alle gleich zu behandeln. Es wäre schlichtweg schwer zu vermitteln, warum eine Anzahl Kinder in Regenkluft durch die Pfütze springen kann, während sie zur gleichen Zeit von anderen ähnlich gekleideten Kindern nur langsam durchschritten werden darf und wieder andere Kinder dem Geschehen vom Pfützenrand zuschauen müssen. Unterm Strich werden also alle Kinder zurückgehalten. Oder eben nur solange in die Pfütze gelassen, bis... Und so weiter.
Es gäbe viele andere Beispiele. Der Fahrzeugpark, der Ballplatz, der Garten, der Zaun, das Gebüsch, eine frei stehende Mauer, der Sandkasten, die beweglichen Bänke...


Vielleicht aber ist solch strikte Regulierung auch für etwas gut: Kinder lernen so eingeengt, sich ihre Freiräume zu erkämpfen. sei es durch genaue Beobachtung und Differenzierung der Erzieher/innen oder durch schlichtes Umgehen. Komplexe Systeme haben nämlich noch einen Effekt. Sie sind niemals perfekt.

Dienstag, 30. September 2014

Chaostheorie für Neueinsteiger

Ich bin ein Chaot. Definitiv. Und aus diesem Grund bin ich recht gut organisiert. Eigentlich recht gut organisiert. Kalender, Stift, Notizblock sind ständige Begleiter und Struktur ist mir wichtig. Eben weil ich so chaotisch bin. Alles was Struktur gibt, hilft mir im Kampf ums Überleben im Alltag.
In der Kita sollte es nun eigentlich tendenziell eher strukturiert zugehen. Ein Tagesablauf, eine gute Planung, Routinen und Regeln tragen dazu bei, dass es Verlässlichkeit für alle Beteiligten gibt. Und dennoch steckt in einer Kita - zumal in einer mit über 200 Kindern - eine Menge organisatorisches Chaospotential. Beispielsweise in Form einer komplexen Dienstplanung. Öffnungszeiten von 06:00 bis 17:45 Uhr wollen durch Kolleg/innen, die zwischen sechs und acht Stunden täglich arbeiten, abgedeckt sein. Auf dem Papier ist eine solche Planung schon schwer genug. Wenn in der Realität dann aber ein/e Kolleg/in mal krank wird, ein Elterngespräch oder einen anderen Termin hat, ist dies schnell der berühmte Schmetterlingsschlag, der das Gesamtsystem ins Wanken bringt.
Im Umkehrschluss gilt es, bei allen Vorhaben und Routinen die Komplexität dieses Systems zu berücksichtigen. Also etwa bei der Planung eines Elternabends berücksichtigen, dass es neben Einladung, Raum und Inhalt der Beachtung weitreichenderer Folgen bedarf...
Zum Beispiel so: Im Veranstaltungsraum übt ansonsten zur Zeit, an dem der Elternabend stattfinden soll,  die Tanzgruppe. Die ist zwar räumlich umorganisiert, aber das wissen längst nicht alle Teilnehmer/innen. Also geht gelegentlich die Tür auf - und dies mit einer Frage nach der Tanzstunde einher. Der Raum übrigens wurde ausgerechnet am selben Tag ab mittags zur Reinigung der Teppiche des Hauses genutzt und war mit eben diesen ausgelegt. Daran scheitert der Plan, ihn bereits in der Mittagspause einzuräumen. Das wiederum wäre von großem Vorteil gewesen, weil die Kombination aus eigenem Betreuungsdienst bis zur Minute des geplanten Beginns des Elternabends und der Tatsache, dass die mit Elternabende Kollegin von morgens an arbeitet und ihr eine Pause am Nachmittag einfach zusteht, für arge Engpässe in der unmittelbaren Elternabend-Vorbereitung sorgt. Bleibt als einzige Option, den eigenen Dienst zu Ungunsten der Kolleg/innen, die im Garten über das Wohl der Kinder wachen, um zwanzig Minuten zu verkürzen, um wenigstens diese Zeit noch zur Verfügung zu haben, um den Raum einzurichten, die Technik vorzubereiten und allen Eltern persönlich einen guten Tag zu wünschen.
Später am Abend verstehe ich dann auch, warum eine der Kolleginnen bei meinem Weggehen bemerkt, dass sie gar nichts von dem Elternabend wusste. Sie  hat Spätdienst und betreut damit jene Kinder, deren Eltern beim Elternabend sind und keine alternative Betreuung organisieren konnten. Da der Elternabend nicht punkt 17:45 Uhr endet, sammelt sie heute - zu Recht leicht genervt ob der vorherigen Unwissenheit - Überstunden-Zeit. Die Entschuldigung samt Erklärung folgt am nächsten Tag.
Manchmal nervt mich mein neuer Job. Aber noch nicht ein einziges mal wegen der Kinder. Es ist dieses merkwürdig abstrakte und dennoch so wirkungsmächtige System Kita, das immer und immer wieder ausbremst. Und zum ersten mal bin ich mir unsicher, ob sich in solchen Systemen männliche und weibliche Kommunikationsweisen nicht nur unterscheiden sondern im ungünstigen Fall behindern. Bleibt wohl zu beobachten. Ich hätte es halt vorher gern schwarz auf weiß auf Papier gehabt: eine "Checkliste Elternabend für Einsteiger/innen" oder etwas in der Art. Frauen scheinen das nicht zu brauchen...

Freitag, 19. September 2014

Aufladungen

Freitage in der Kita sind komplex. Das liegt zum einen daran, dass Erzieher/innen sich auf ihr Wochenende freuen und vielleicht etwas weniger angespannt sind. Andererseits stecken den Kindern vier Tage Kita in den Knochen. Und um trotz dieses Umstandes den morgendlichen Gang in die Kita erträglich oder überhaupt erst möglich machen zu können, deuten nicht wenige Eltern schon einmal vorsichtig an, was am Wochenende alles passieren wird.

Gefangen zwischen Kitaerschöpfung und Vorfreude auf das verheißungsvolle Wochenende hoffen die Kinder auf ein möglichst schnelles Vergehen der Zeit, treffen aber wiederum auf Erzieher/innen, die bereits einen Gang zurückgeschaltet haben - auch im Wissen um das Kommende. Ein Teufelskreis, der beim Mittagsschlaf seinen Höhepunkt findet, bevor abholbereite Eltern nach dem Vesper  schließlich Kind für Kind ins Wochenende holen.
Verdichtet wird solch emotionale Ausgangslage, wenn gleich morgens das Wetter so richtig mitspielt. Zum Beispiel, wenn es begleitend zum Frühstück ordentlich Gewitter gibt und der Garten dabei so richtig aufweicht. Die dabei entstehenden Aufladungen gehen sofort in den Energiehaushalt der Kinder über. Zwar gibt es für alle Regenkleidung und natürlich geht es nach dem Gewitter raus. Das Procedere des An- und späteren Ausziehens passt aber so gar nicht in die Ausgangslage.

Gelassenheit ist manchmal keine leichte Übung. Wohl aber eine wichtige. Und gerade an solchen Tagen braucht es Orientierung fürs Kind. Also wird der Tagesablauf mit seinen Ritualen und Regelmäßigkeiten heute besonders akkorat eingehalten. So entsteht Orientierung und das Gefühl von Durchschaubarkeit des Tages. Beides hilft, die Zeit bis zum Beginn des Wochenendes besser zu überblicken...

Sonntag, 14. September 2014

Das Wort zum Sonntag

Ich würde sagen, es ist problematisch, wenn ein/e Erzieher/in, der/die in ihrer Gruppe ca. ein Viertel Kinder mit Migrationsanteil betreut, davon spricht, dass man dafür sorgen müsse, "nicht mehr so viele Asylanten reinzulassen". 
Das finde ich persönlich problematisch. Für eine im Umgang mit Eltern und Kindern wertschätzende Pädagogik ist das aber absolut unmöglich.
Haltungen kann man eben nur bedingt vermitteln oder "lehren". Bestimmte Haltungen aber muss man einfach erwarten können. Finde ich.

Montag, 8. September 2014

Grenzerfahrung

Grenzen gilt es zu setzen! Sie dienen der Ordnung und sind wichtig für die Orientierung.


Der Fahrzeugpark etwa darf nicht irgendwie genutzt werden. Schon gar nicht kreativ. Die Rikscha (ein wunderbares Kinderfahrgerät, auf dem ein Kind sitzen kann, während es ein anderes recht einfach zieht) wird "bei uns eigentlich nicht rausgegeben". Befahren wird nur ein einsehbares Wegrondell und zwar in nur eine Richtung. Dabei ist darauf zu achten, dass Fahrzeuge nur bergan angeschoben werden dürfen, während kurz vor der unteren Kurve rechtzeitig zu bremsen ist. Drei Runden darf die Fahrt dauern (bei mancher Erzieherin auch nur zwei), wenn andere Kinder auch fahren wollen. Danach erfolgt an der markierten "Haltestelle" ein Fahrer/innen-Wechsel.
Schaukeln übrigens ist nur in eine Blickrichtung erlaubt. Vor allem aber ist es in der Kita nur jenen Kindern erlaubt, die schon schaukeln können. Für die anderen ist die Schaukel tabu. Die Nutzung der Wasserstrecke ist erstens nur mit Wasser (auf gar keinen Fall mit Schlamm) und zweitens nur unter Anwesenheit einer Erzieherin gestattet.
Bei nassem Boden wird das Fußballfeld nicht genutzt. Stöcke werden nicht in die Hand genommen. Der Ablauf des Procedere vom Hereinkommen aus dem Garten bis zum Mittagsschlaf ist vollständig geregelt. Schuhe/Jacke aus, Hände waschen, Tee holen, Becher wegbringen, Essen bringen lassen, Besteck erst zur Hand nehmen, wenn alle ihren Teller haben, essen und dann sitzen bleiben bis alle aufgegessen haben. Dann Stuhl in die Bauecke tragen, sich dort ausziehen, anstellen um das eigene Bett abzuholen, Bett aufstellen, Schlafanzug anziehen, ins Bad zum Zähneputzen, hinlegen, umdrehen, schlafen. Schlafen! Alle! So und nicht anders.
Im Verlauf der Jahre scheint jeder Erzieherin die Einführung einer Regel irgendwie wichtig gewesen zu sein. Und weil man darüber scheinbar nicht spricht und man die Kollegin nicht infrage stellen will, wird die Regel einfach von allen übernommen. So verdichtet sich der Tag auf eine Ansammlung schier unüberblickbarer Regeln. Vor allem aber verdichtet sich der Tag auf eine Ansammlung des Aufrufens dieser Regeln.
Nun braucht es in einer Kita - zum Funktionieren des Miteinanders, zur Abwendung von Gefahren, für ein erträgliches Lärmpensum, etc. - zweifelsfrei Regeln. Wenn aber jedwede Kreativität von Kindern nur im Rahmen stringent schmal eröffneter Bahnen stattfinden kann, ist das nah an der Verhinderung mancher positiver Entwicklung. Die bessere Alternative zur für ewig und immer geltenden Regel wäre doch wohl die der jeweiligen Situation angepasste Diskussion über das Verhalten. "Es sind gerade sehr viele kleine Kinder hier in der Nähe. So lang müsstet ihr bitte langsamer fahren." Das geht auch, wenngleich es natürlich mehr anstrengt, als das Aufstellen immerwährender Regeln. Gewinnbringend für die Kinder wäre es jedoch allemal. Zumal sie ganz nebenbei lernen würden, sich mit eigenen Argumenten in Diskussionen zu begeben - und bestenfalls sich in diesen Diskussionen auch zu bewähren.

Grenzen und Regeln sind da, um sie zu überwinden. Sagte mir einst ein sehr sympathischer Mann, der in Frieden mit allen anderen Menschen ein erfülltes Leben führt. Und Recht hat er. Im Großen und im Kleinen. Vielleicht schaut man manchmal einfach einen Moment weg, wenn es ein Kind mit einer zu strengen Regel nicht ganz so streng nimmt? Oder diskutiert zumindest den Sinn und die Existenz dieser Regel, anstatt sie nur immer wieder aufzurufen.

Mittwoch, 27. August 2014

Betreuung zeitweise...

Ein Thüringer Spezifikum vielleicht. Aber mit Beginn des neuen Kindergartenjahres reduziert sich einmal mehr der Arbeitszeitumfang vieler Kolleg/innen in den Kindertagesstätten. Und das geschieht nicht etwa, weil sie weniger Kinder zu betreuen hätten. 

Ganz im Gegenteil.In Thüringen werden die Kitas nach Anzahl der jeweils angemeldeten Kinder finanziert. Da im August die Schulanfänger/innen verabschiedet werden, die Neuaufnahmen dann aber erst sukzessive zwischen September und November erfolgen, hat die Kita also schlagartig erheblich weniger Personalstunden zur Verfügung. Und dieses Minus wird im Team verteilt. 
Im Ergebnis reduziert sich die Präsenzzeit der Erzieher/innen in allen Gruppen. Und das genau in der Zeit, da sich mit Ende der Urlaubs- und Ferienzeit und kurz vor der ersten herbstlichen Erkältungswelle die Gruppen gerade wieder in voller Präsenzstärke zeigen. Bei den Marienkäfern  fallen ab September zehn Betreuungsstunden pro Woche - verteilt auf zwei Erzieher/innen - weg. Der Tagesablauf und Aufgaben bleiben akorat gleich. Und schon über Kita-Gehälter im Vollzeitmodus brauchen wir keine Worte zu verlieren.

Ich denke mal nach, wie ich mir meine Fragen zur Sinnhaftigkeit solcher von der Landespolitik zu verantwortenden Regelungen beantworten könnte. So kurz vor der Landtagswahl auch ne gute Beschäftigung. Entscheidungshilfe selfmade...

Dienstag, 26. August 2014

Schlammschlacht reloaded

Da war mal was mit einem Regentag. Ganz am Anfang meiner Kita-Zeit.

Heute war wieder ein Regentag. Da es schon die ganze Nacht geregnet hatte, war der Garten so richtig matschig. Yeah! Superwetter für hochmotivierte Neuerzieher, die den Kindern Abenteuer und Abwechslung bieten wollen (oder aus Gründen des Selbstbeweises müssen). Kurzerhand also wurde die Tagesplanung der Maikäfergruppe umgeworfen. In der Angebotszeit lagen Papier und Wasserfarben bereit, um ein riesengroßes Regenbild zu malen. Und zwar - ganz im Sinne des Projekts "unsere Sinne" - mittels Fingern, die wiederum vorher gegenseitig mit dem Pinsel angemalt wurden. Kichern, Zucken, Treffermühe... Am Ende lag das Meisterwerk für alle zu bewundern auf dem Tisch. Hübsch! Und natürlich unbedingt des Zeigens würdig. Also nach dem Trocknen gleich ab damit an die Pinwand in der Gruppengarderobe.
Weil natürlich nicht nur die Fingerspitzen angemalt waren, sondern irgendwann auch die Hände ja sogar ganze Arme in blau und gelb leuchteten, ging es erst einmal ab in die Generalreinigung. Bei der Gelegenheit haben wir das Badezimmer gleich auch in einen ähnlichen Zustand versetzt, wie ihn das Gelände rund um die Kita zeitigte: triefend nass. Super. Regen geht also irgendwie auch drin.
Danach ab in die Regenkluft. Zwölf Kinder = zwölf mal Regenhosen richten, drehen und anzuziehen helfen + zwölf mal Regenjacken sortieren. Die nämlich lagen mittlerweile zu einem Gesamthaufen vermengt auf dem Garderobenboden. Irgendwie passt dann jedes Kind in eine Jacke. Gut. Also noch die Gummistiefel verteilt und alle Kinder zum Anziehen ermutigt.

Und dann raus! Ein zweites mal "Yeah!". Draußen im Garten (bis zur notwendigen Rückkehr in den Gruppenraum zur Einnahme des Mittagessens bleiben uns noch 20 Minuten) dann als erstes die Erkenntnis, dass wir die einzige Gruppe sind, die draußen ist. Ein kleinwenig Stolz macht sich beim hochmotivierten Neuerzieher breit. Wildes Toben und Matschen, Pfützen werden schwungvoll entleert und die Matschstraße verdient endlich einmal ihren Namen. Draußen bei Wind und Wetter, so soll es sein. Warum machen die anderen das nicht?
Das Erwachen kommt - wie sollte es anders sein - beim Mittagsschlaf. Besser gesagt beim Versuch, zum Mittagsschlaf zu kommen. Meine lieben Kleinen sind so aufgedreht, dass an Schlafen nicht zu denken ist. Und da der Erzieher so schön Schwung in den Laden gebracht hat, schafft er es natürlich nicht, die ganze Sache wieder zu bremsen.
Irgendwann schaut dankenswerter Weise die Kollegin aus dem Nachbarzimmer vorbei. Fünf Minuten später schläft meine gesamte Gruppe. Morgen bin ich strenger. Glaube ich.

Montag, 25. August 2014

Fachlichkeit vs. Routinen

Zu Beginn der vierten Woche ist der Montag, wie eben der Montag so ist. Alle - Eltern, Kinder, Erzieher/innen - sind etwas langsamer, etwas aufgekratzter, etwas unruhiger und weniger geduldig. Nicht so perfekt, wenn ausgerechnet der Montag jener Tag unter der Woche ist, an dem die eigene Gruppe (wenn auch zahlenmäßig montags etwas reduziert) den Turnraum nutzen kann und soll. Reglementierung oder Chaos, das sind folglich die beiden naheliegenden Alternativen. Im Zweifelsfall eben Chaos. Freuen sich wenigstens die lieben Kleinen.Und letztlich bewegen sie sich ja auch und trainieren Gleichgewicht, Kondition und Bewegungsfolgen. Nur zuhören oder zusehen darf uns niemand.
Weiter im Tag geht's zurück in den Gruppenraum. Der "KiKa-Tanzalarm" ermöglicht eine weitere spaßige Runde intensiver Bewegung. Und einen weiteren (folgenreichen) Ausbruch aus dem Prinzip der Routinen im tagesablauf. Obstfrühstück also heute eine halbe Stunde später. Dann Anziehen und raus in den Garten. Nach zehn Minuten habe ich die ersten beiden Kinder an der Hand, die ob der vielen Bewegung am bisherigen Vormittag zugleich hungrig und müde zu sein artikulieren. sehr nachdrücklich.
Also geht es nach erfolgreichem Hinhalten um eine Viertelstunde heute sehr pünktlich wieder nach oben. Hände waschen, Tee trinken, Mittagessen verteilen und Tischspruch nicht vergessen. Umziehen, Betten aufbauen, auf die Toilette und Zähneputzen... Trotz des Versuchs größtmögliche Ruhe bei diesem Procedere beizubehalten, stehen am Ende dieser Ablaufrunde zum einen doch wieder leicht chaotische Abläufe, zum anderen eine handvoll Kinder, die vprhin noch müde waren. Mittlerweile ist diese Müdigkeit überwunden, wie es scheint. An ihre Stelle trat zwischenzeitlich völliges Überdrehen, stetiges Murren oder wahlweise auch herzzerreißende Jammer-Rue nach Mama. Für die Notwendigkeit des Erreichens einer Art Mittagsruhe in der Gruppe ist diese Kombination fatal. 
Der rebellierende Max beschließt, heute mal keinen Mittagsschlaf zu machen und zelebriert dies durch ständige Rufe in den Raum. Dies wiederum führt zum sofortigen Kicheranfall von Maja, die für gewöhnlich nur dann schläft, wenn man direkt neben ihr sitzend Hand oder Kopf hält. Aus solcher Unruhe wiederum erschließt sich scheinbar die Notwendigkeit des Rufes nach Mama. Weinerlich wohlgemerkt. Nur Bilal schläft schnell - und schnarcht dabei gleich solaut, dass sowohl Kichern als auch hörbare Genervtheit durch den Raum wabern.
Runterfahren! Alles ist erklärbar und natürlich alles den Kindern vermittelbar. Schwierig nur, dies just in jenem Moment zu versuchen, da die halbe Gruppe gerade auf alles Lust hat,nur eben nicht auf einen verständnisvollen Erzieher, der zu allem Überfluss auch noch an die kindliche Vernunft appeliert und kundtut, dass ihn die Unruhe schon irgendwie traurig macht...
Am Ende schwingen doch wieder die Routinen. Eine Ermahnung, die Vorgabe der Schlafrichtung, ein kurzes Verrücken der Betten, die die Kinder zuvor lange ausgehandelt selbst aufgestellt hatten, intensives Wachen über jede Regung eines jeden Kindes. "Man muss sich erst einmal die Akzeptanz der Kinder erarbeiten, dann kann man ab und zu auch mal lockerer lassen.", werde ich später am Tage von einer Kollegin hören. Immerhin beruhigt sich so die Lage im Schlafraum innerhalb kürzester Zeit. Ob ich das in dieser Art will, überlege ich mir noch einmal. Oder zweimal.
Zwei voneinander getrennte Räume - einen für schlafsuchende Kinder, einer für solche, die trotz Bemühens nicht in den Schlaf finden und lieber in Ruhe spielen mögen - wären mir irgendwie gefühlt lieber als ein autoritäres Standing. Aber vielleicht sehe ich das ja auch viel zu polemisch. Nur muss ich noch mal googeln, ob solche Autorität nun Beispiel sein soll oder Liebe.

Freitag, 22. August 2014

Und wie lange willst du das machen?

Woche drei ist geschafft. Freitagabendfeierabendstimmung.
So langsam stellt sich das Gefühl erster Routinen ein. Vor allem haben sich die Kinder an den neuen Erzieher gewöhnt. Mittagsschlaf ist nur noch ein wenig anstrengend. Allein die kurzen Haare sorgen immer noch für Faszination und regelmäßige Streicheleinheiten. Man darf ja auch während der Arbeit mal genießen.

Dass ich als Mann, noch dazu als einziger Erzieher im Haus neben 30 Erzieherinnen, in der Kita arbeite, spielt kaum eine Rolle. Ein paar kleine Schmunzelszenen gab es. Die herauszudrehende Schraube, das klemmende Gartentor, der schwere Wäschesack - all das sind (selbst unter Genderperspektive) eben nur Dinge, die bislang von Frauen übernommen wurden und nun an einen Mann herangetragen werden, weil er da ist. Kleinigkeiten und kein Problem. Dass es mehr aber auch nicht ist, ist überraschend und schön zugleich. 
Die Anerkennung einer Fachlichkeit schien selbstverständlich. Mit der zweiten Woche bekam ich die Gruppe allein übertragen, da die Kollegin im Urlaub ist. Und läuft. Jetzt. 

Nur begegnet mir hin und wieder eine Frage in die Richtung, wie lange ich das denn jetzt machen wöllte oder ob ich Kita als Übergangslösung sehen würde. Mir ist nicht ganz klar, ob das mit meinem "Mannsein" oder meiner Berufsbiografie zu tun hat. 
Ein paar Monate muss man wohl schon dabei sein, damit es einem geglaubt wird...

Dienstag, 19. August 2014

apropos Mittagspause...

"Ja, und in der Mittagszeit will man sich dann ja erholen." Stimmt. Und stimmt nicht. Denn anders als es von Kitaaußenweltlern vermutet wird, sitzt der/die Erzieher/in während des Mittagsschlafs der Kinder nicht etwa häkelnd oder lesend oder selbst schlafend im abgedunkelten Zimmer.
Vielmehr ist dies genau die Zeit für all das, was neben der Arbeit mit den Kindern noch so anliegt. Für heute bei mir in etwa so
- Mittagessenreste wegbringen
- Essenabrechnung für 20 Kinder für 2 Tage plus Anwesenheitslisting am Laptop
- Chaos des vormittäglichen Piratenfestes beseitigen
- mit der Küche die zukünftige Versorgung eines Kindes absprechen, dass ab sofort milch- und eiweißfrei ernährt werden muss
- Elmira zehn mal ermahnen, doch wenigstens die anderen nicht zu wecken, wenn sie schon selbst nicht schläft
- ein Bett neu beziehen, das gestern nass geworden und nun wieder trocken ist
- eine Strumpfhose samt Schlüpfer auswaschen, in die heute im Frühdienst eines meiner Kinder sein größt denkbares Geschäft erledigt hatte. Leider hatte der Frühdienst keine Zeit dafür
- einen Aushang zum morgigen Waldtag gestalten und
- nebenbei die Bildungsdokumentation des Tages machen
- zwei kurze Gespräche zu Elternterminen führen
- Elnira noch ein letztes mal ermahnen
- das Vesper holen
- einen Schluck trinken.

Portfolio mache ich ein ander mal und die Arbeitszeitabrechnung muss warten. Jenny ist wach. Und sie darf aufstehen, während ich den Tisch decke, damit ich gleich in Ruhe acht mal Haare bürsten kann.

Der Feierabend eignet sich auch noch zur Erholung.

Montag, 18. August 2014

Oder so...

Vor dem Angebot einer Alternative zum Mittagsschlaf sollte es für Jenny das vielleicht passende Procedere geben. Also stand sie gleich nach dem Mittagessen im Mittelpunkt meiner Aufmerksamkeit. Jenny räumt die Becher weg, liest wieder die Schlafgeschichte vor und darf schließlich die Plüschschnecke Monika jedem Kind ein Küsschen geben lassen.
Und tatsächlich kommt Jenny zur Ruhe, scheint zufrieden und legt sich ganz selbstverständlich in ihr Bett. Zehn Minuten später schläft sie.
 
Da haben wir das Schlafengehen wohl für heute umgedeutet. Zu Hause ist bei Jenny Mittagsschlaf Strafe. Bei uns ist es ein Angebot.
 
Nur braucht es an zwölf anderen Stellen des Tages eines Aufmerksamkeitsausgleichs für die anderen Kinder. Schließlich hat jedes einen Anspruch darauf, ganz und gar im Mittelpunkt zu stehen. 
Heute immerhin haben alle den Mittagsschlaf genossen und die versprochene Aufsteh-Geschichte.

Sonntag, 17. August 2014

hundemüde

Sonntagabend. Ich bin hundemüde! Noch ein paar Vorbereitungen für den morgigen Kita-Tag. Und irgendwie dünkt mir, dass meine lieben Kleinen schon tief und fest schlafen.
So tief wahrscheinlich, dass einige morgen Mittag wieder keine besondere Lust auf Mittagsschlaf haben werden. Besonders Jenny. Auf dem Bett hüpfen, rebellieren, schreien, Schuhe werfen, durch den Raum springen und anderen die Decke wegziehen - all das hatten wir bereits in unserer kurzen Zeit zusammen. An einem einzigen Tag hat das Schlafen am Mittag geklappt.

Morgen wird das anders! Wenn Jenny nicht schlafen mag, wird sie eben nicht schlafen. Punkt. Ein stilles Angebot werde ich schon finden. Ein Buch, Malzeug, ein Spiel. Mal sehen. Wenn sie halbwegs gut drauf ist vor dem Mittagessen, werde ich sie einfach damit "überraschen", dass ich sie nicht zum Hinlegen drängen werde. Ich muss weder mir noch dem Kind jeden Tag den selben Stress antun.

Mal sehen, wie Jenny reagiert. Und mal sehen, wie die Kolleginnen von nebenan. Aber das ist alles erst morgen. Jetzt ruft gleich erst einmal mein Bett. Mir nämlich fehlt der Mittagsschlaf.

Freitag, 15. August 2014

Väterabend mit Kind

Freitagabend. 
Längst Feierabend im eigenen Job, das Wochenende fühlt sich gut an. Es ist an der Zeit für Wünsche. Zum Beispiel in Sachen Väterarbeit. Da lohnt sich doch ein Blick auf andere, die es schon super machen...

Die AWO-Kita "Rabennest" in Erfurt lädt zum Väter-Kind-Übernachtungsevent. Kurz nach sechs am Abend. Schon von Weitem hört man, dass das Freigelände der Kita heute nicht verlassen liegt. Hier herrscht wildes Treiben und der Geruch von verbranntem Holz weist auf das Ereignis des Abends hin. Vierzig Väter samt ihrer Kinder sind hier schon seit drei Uhr beisammen. Rekordzahl! Als ich komme, stehen schon Zelte in der Sandkiste, unter Bäumen des Kita-Freigeländes und - der Schnellste kann sich ob des einsetzenden Regens glücklich schätzen - eines hat einen Platz unter einem Holzdach gefunden. Das Lagerfeuer brennt, darüber hängt der Topf mit einem Rest der Suppe, die gerade mit großem Genuss von den Kids und einigen Vätern gegessen wurde. Unter dem Pavillon ist auf einem Tisch alles an Zutaten für einen leckeren Hamburger aufgebaut. Auch hier betun sich Väter und Kinder gemeinsam am Bestücken und Verdrücken. Dass es ab und an zwischen den Zähnen knirscht, wohl weil die Hamburger-Zusammenstellung mal eben kurz zwischen dem wilden Toben im Sand, Kuscheln auf Papas Schoß und Fußballspielen passieren musste, stört eigentlich keinen. Väter sind da eben cooler. Vielleicht.
Ein Teil der Vater-Kind-Gespanne wird die Nacht übrigens im Haus verbringen. Auch das ist ganz offensichtlich eine heiß begehrte Option. Wann kann man denn schon mal mit Papa dort übernachten, wo man sonst zum Mittagsschlaf genötigt wird?! 
Und hey, wann kann Papa schon mal ganz lässig darüber hinweg sehen, dass das Essen im Laufen verputzt wird, zur Sandmannzeit noch lange nicht an Schlafen zu denken ist oder die Klamotten längst nicht mehr so ganz schrankfrisch aussehen?

Ich mag das auch haben. Irgendwann mal in "meiner" Kita. Vielleicht ja, wenn da mal mehr Männer arbeiten als einer + studentischer Praktikant? Vielleicht mit ein wenig mehr eigener Routine im noch neuen Berufsfeld und mit ein wenig mehr Gelassenheit in der Vorbereitung solcher Events. In jedem Fall war der (leider nur kurze) Besuch heute mehr als inspirierend. Nicht nur in Sachen Väterarbeit. Ich denke mal darüber nach, ob in einer Kita mit mehr als einer handvoll männlicher Mitarbeiter irgendwie ein anderer Wind weht oder das damit überhaupt nichts zu tun hat. Und genieße jetzt erst einmal mein Wochenende.

Auf dem Weg zurück zum Auto kommen mir ein Stück vor der Kita zwei Frauen entgegen, die ob des Regens in ihrer tiefenentspannten Gangart hier irgendwie deplatziert erscheinen. Da sind nicht etwa doch zwei interessierte Mütter auf Inspektionstour? Böse sein wöllte man ihnen dafür jedenfalls nicht. Aber als Anlass zum Schmunzeln reicht diese Begegnung wohl.

Donnerstag, 14. August 2014

Piratenleben

Es waren einmal zwei Piraten
gefürchtet obwohl sie nichts taten.
Sie waren ganz untätig immer,
aber Untaten sind halt viel schlimmer.

Piratenfest in der Kita. Nächste Woche soll es hoch hergehen. Und allenthalben macht sich Begeisterung breit. Auch bei mir.
Zu bändigen ist eigentlich nur der Drang, mit den Kindern über die wahren Hintergründe des Piratendaseins zu diskutieren. Rebellion, Mord, Plünderung, nehmen was mir gefällt,... Passt alles nicht so gut.
Also bemühe wohl auch ich die romantische Version mit Schatzsuche und so. Übrigens wollen alle Kinder Piraten sein. Piratin scheint doch nicht spektakulär genug. Und entführte Prinzessin kommt auch nicht an. Außer vielleicht bei Max, der ist sowieso gern Prinzessin.
In froher Erwartung und gut geplant basteln wir nun fleißig. Piratenhüte und Augenklappen und Säbel. Wir wollen ja authentisch sein. Auch ich. Denn immerhin winkt eine Aussicht: Piraten, die aus der Reihe tanzen, werden an den Mast gebunden. Und einen Mast finde ich hier irgendwo.

Piraten heyho!

Dienstag, 12. August 2014

Zusammenrücken

Rührung. Ganz ohne Triumpf. Aber sie schläft. Tatsächlich. Yeah! Jap! Yes! Jaaa! Und ganz ohne Schimpfen.


Jenny rebelliert immer spontan. Und sie tut es so oft, dass sie schnell abgestempelt ist. "Ach ja, die Jenny...!" 


Gestern war der Mittagsschlaf ein wahrer Kampf. Das konnte, das durfte es heute nicht noch einmal sein! Und das Konzept dagegen? Zuspruch und Zuwendung in der sonst "kritischen" Zeit während des Mittagessens und in der Vorschlafenszeit. Heute einmal keine Reglementierung. Jenny steht heute anders im Mittelpunkt: sie darf das Essen austeilen, sich einen Platz für ihr Bett im Raum aussuchen (was die anderen auch möchten und natürlich dürfen) und dann unsere Einschlafgeschichte "vorlesen". Das tut sie so hingebungsvoll, dass es mucksmäuschenstill im Raum ist. Als sie fertig ist, schleicht sie in ihr Bett, hält noch ein wenig meine Hand und schläft dann ein. Gestern sprang sie um diese Zeit noch auf dem Bett umher.


Als alle anderen Kinder auch schlafen, kann ich das erste mal meine Schlafwache genießen. Zum Glück habe ich immer ein Rührungstüchlein einstecken. Und ich weiß mich im besten Job der Welt.

Montag, 11. August 2014

Chefallüren mit 1,22m

"Nein, ich zeige euch mal, wie man das macht. Das geht anders. Ich mache das mal vor."  Unglaublich, mit welchem Nachdruck ein Vierjähriger um Hegemonie in einer Gruppe ringen kann.
Gepaart mit tatsächlich unglaublicher Redegewandtheit und raumgreifender Präsenz in der Peergroup sowie dem Charme eines George Cloney (wie auch immer man den schreibt), wächst da ein Mensch heran, der später einmal Frauen, Wähler, Investoren oder Finanzbeamte um den Finger wickeln wird. Und ich darf dabei sein! Im Jetzt.
Nur wirft mir dieses Kind mein Kitaweltbild durcheinander. Vonwegen Partizipation der Kinder. Bei diesem Kind muss sich der Erzieher bzw. die Erzieherin partizipieren. Wenn er oder sie denn noch irgendeinen Einfluss auf das Gruppengeschehen haben will.
Paradox.

Vielleicht sage ich ja irgendwann einmal: "Und ich war sein Erzieher!" Bis dahin allerdings kämpfe ich erst einmal. Um meine Rolle als Leader der Gruppe.
Nur noch Moderator vierjähriger Kinder zu sein, wäre mir dann doch ein wenig zu viel der Leitungsabgabe.

Statusänderung

Montagmorgen. Der Weg in die Kita ist derselbe, unaufgeregter vielleicht. Die Neuerung: war ich in der ersten Woche dabei als die Gruppe betreut wurde, werde ich in dieser Woche programmverantwortlich sein. Die Kollegin hat Urlaub.
In großer Erwartung dessen wurde der Sonntag zur Planung genutzt. Beispielsweise der des heutigen Bewegungsraumaufenthaltes. Nicht alles neu, aber manches anders. Das ist der Plan. Wahrscheinlich wird das Chaos ausbrechen. Aber alle sollen sich bewegt haben. In ihrem Rhytmus. Ohne Trommelschläge. Die nämlich mögen Max und Bilay gar nicht. Und die brauchen wir nicht...

Samstag, 9. August 2014

Erinnerungen

Es ist 19:00 Uhr, langsam setzt die Dämmerung ein. Die Väter stehen im Kreis um die kleine Feuerstelle. Die Kinder toben derweil durch den Wald ringsum, rutschen den matschigen Hügel hinunter. Welche Farbe Hosen und Jacken der Kinder eigentlich haben, ist längst nicht mehr zu erkennen. Nur Finn ist bei Papa auf dem Arm, er hat genug gespielt und genießt die Ruhe an der Feuerstelle. Es ist Väter-Kind Aktionstag der Kita. Bereits am späten Nachmittag kamen Väter, ihre Kinder und die Erzieher - man hat mehr als einen Mann im Team - hier am Stadtrand zusammen. Das Gelände liegt im Wald, bietet wilde Natur und dennoch ausreichend Sicherheit, um über Nacht mit den Kindern hier zu bleiben. Die Zelte sind schon aufgebaut, keiner wollte das Angebot nutzen, im Haus am Rande des Geländes zu übernachten. Nur falls es regnet, Sturm oder ein Gewitter kommt, könnte man hierhin ausweichen.
Gleich wird gegrillt, die Kinder fragen immer wieder aufgeregt, wann denn endlich die Nachtwanderung beginnt. Stöcke, Taschenlampen und diverse andere Utensilien zum Vertreiben der Waldgeister sind schon in den Taschen verstaut.

Ein Telefon klingelt: "Ja Schatz, natürlich. Nein, alles gut. Ja, haben wir schon. Natürlich denke ich daran. Klar kannst du jederzeit anrufen, hab das Handy ja dabei." Ob etwas passiert sei, fragt man aus der Lagerfeuer-Runde, nachdem das Telefonat beendet ist. "Nein." lautet etwas verlegen die Antwort. Bens Mama hatte angerufen. Es war 19:00 Uhr. Um diese Zeit geht Ben zu Hause immer auf die Toilette, nicht dass Papa das im Wald vergisst.
Nein, Vater sein ist nicht immer leicht. Die Runde ist sich schweigend einig. Matze geht los, die Grillwürstchen holen. Zeit zum Abendessen.

Freitag, 8. August 2014

Grenzwertmessung

Wieviel Kind schafft ein Kita-Neuling? Genau so viel: Montag 07:30 Uhr bis Freitag 15:30 Uhr. Mehr geht dann nicht! Oder anders gesagt: es ist WOCHENENDE.
Zeit für ein Resümee zur ersten Kita-Praxiswoche im Leben des Herrn B. (der ob des Wochentages und der aktuellen -nachfeierabendlichen- Uhrzeit irgendwo zwischen in-den-Seilen-hängend und stolz-es-geschafft-zu-haben seiend seinen wohlverdienten Kaffee schlürft).
Kita ist bunt! Sie ist anstrengend, fordernd, schwer struktursüchtig, lebhaft, begeisternd, bildend und formend. Und zwar alles in allem für alle Beteiligten. Am wenigsten vielleicht für die Eltern, was aus Perspektive eines vierfach kitaerfahrenen Vaters wirklich eine Überraschung darstellt. 
Das Erzieherdasein braucht offenbar vielerlei Kompetenzen, von denen in den ersten Tagen erst einige wenige geprobt wurden. Darunter waren jedoch bereits so elementare, wie die Kompetenz des Prozessdenkens in mehreren Ebenen, die Fähigkeit das Lächeln zu bewahren, die Kompetenz, den vermeintlichen Sinn hinter scheinbar völlig unsinnigen Taten von Kindern (um die Erwachsenen habe ich mich anfangs noch nicht gekümmert) zu erkennen und die Fähigkeit, Kinder Konflikte selbst austragen zu lassen. Letzteres natürlich immer interventionsbereit für den Fall überbordender Gewaltbereitschaft eines oder mehrerer beteiligter Kinder, die im Zweifelsfall durch schwere Bewaffnung mit Schaufeln, Plastikbaggern, Holzeisenbahnschienen unterstützt wird.
Die Strukturverliebtheit von Kita muss mir wohl noch mehrere Male durch den Kopf gehen, bevor meine Meinung eindeutig ist. Es kämpfen derzeit noch rhytmisierte Fachkompetenz gegen Vatererfahrung gegen Erziehergelassenheit gegen Prinzipienfestigkeit gegen Alltagswahnsinn gegen Neugier auf Versuch. Wenn die Zeitstruktur zur Hetze zwingt, macht erziehen keinen Spaß (erzogen werden im Übrigen offensichtlich auch nicht). Fängt man jede einladende Situation ein, gerät die Zeit völlig aus den Fugen und beispielsweise Mittagsschlaf wird zur undurchführbaren Farce. Schwer also, den Punkt zu finden, an dem Struktur und Freiheit in einem gesunden Verhältnis stehen. Am Ende wird es wohl wahrscheinlich ähnlich sein wie im Straßenverkehr. Es gibt die StVO, jede und jeder kennt sie...
Ich hoffe, dass "meine" Kinder ein schönes Wochenende haben. Meines wird geprägt sein von viel Schlaf. Vor allem aber hoffe ich, dass die Kleinen am Montag wieder Lust haben, von "dem Großen" betreut zu werden. Ich hätte noch einiges in petto.

Mittwoch, 6. August 2014

Krabbeltierchen für Kurzhaarige

Maximalanforderung bei Dienstbeginn: mitsamt der Übergabe der Kinder aus dem Frühdienst gibt es die Information des Tages: Krabbeltierchenallarm! Läuse!

Zeit für Helden!

Während die Kollegin diese Information, geschuldet ihrer wundervollen Haarpracht, mit einer Mischung aus Grusel, Gänsehaut, Ekel und Alarmstimmung zur Kenntnis nimmt, kann ich hier mit erstens mehrkindfacher Kopflauserfahrung und zweitens dienstanfänglichem Enthusiasmus der gefährlichen Situation gekonnt begegnen.
Erstens: Haarkontrolle. Kopflaussuche am lebenden Beispiel. Natürlich samt der beruhigenden relativierenden Worte. 
Zweitens: Einsatzkette in Gang setzen (was in der Praxis bedeutet, dass Kopfläuse gleich einer Infektionserkrankung dafür sorgen, dass die Eltern das Kind zeitnah aus der Kita abholen, wozu sie wiederum informiert werden müssen - hier dankenswerter Weise von der Kollegin übernommen).
Drittens: Beschäftigung des betroffenen Kindes abseits der anderen Kinder. Das gelingt am Morgen zum Glück mittels Memory. Währenddessen beginnt die Kollegin schon, zwanzig Betten abzuziehenund neu zu beziehen. Die Kämme in gleicher Anzahl werde ich später in Desinfektionslösung einlegen.
Der vierte Schritt lädt dann zu wahrer Heldenhaftigkeit ein. Alle anwesenden Kinder sind auf Kopflausbefall zu untersuchen. Verpackt als Kopfmassage für jedes einzelne Kind im Waschraum meistert der Held von heute diese Notwendigkeit des Kindergarten-Alltags mit Bravour und ohne Zucken. 

Das Geheimnis des Erfolgs allerdings ist simpel: zum einen findet sich kein weiterer Befall. Zum Zweiten hat Mann hier allgemein - besonders aber im speziellen Fall - einen rein körperlich großen Vorteil. Wegen der schon der grundsätzlichen Mode geschuldeten durchschnittlich kürzeren Haarlänge. Oder gar der gänzlichen Abwesenheiten von Haaren in einer kopflausfreundlichen Länge. Da lächelt der leicht gealterte und erblich vorbelastete Hochstirnträger gelassen und weiß in einer Niesche um die besondere Eignung für die Anforderungen des Kita-Alltags. Mann in der Kita - ein Gewinn im Umgang mit dieser (hoffentlich dennoch seltenen) Herausforderung.. ;-)

Dienstag, 5. August 2014

Freundschaftsanfrage 0.2

"Weißt du was, ich hab' dich lieb." 
Ein Moment dieses Tages. Ein Satz ausgesprochen von einem kleinen Mädchen, nachdem wir gemeinsam eine Einigung zur Frage gefunden hatten, ob sie mit den anderen zusammen Mittag isst.
Von diesem Moment an, also dem Moment des Ausspruchs dieses Satzes war dieser - nicht weniger anstrengende Tag - entspannt. Ich hab' dich lieb. Und ich möchte, dass du mich lieb hast. Nicht weniger als das scheint mir die Essenz des gemeinsamen Tages von Erzieher/in und Kind zu sein. Und aus anderen Zusammenhängen weiß ich wohl, dass Liebe und Freundschaft ständiger Arbeit brauchen. Dieser Arbeit stelle ich mich gern.
Und danach kommt dann all jene Theorie, Pädagogik, Didaktik. 

Was für ein Tag!

Montag, 4. August 2014

Praxis sticht Theorie

Weder noch! Also weder den Anforderungen der Kinder gilt es, zuerst zu entsprechen, noch denen der Kolleginnen. Die eigenen Ansprüche sind es. Erkenntnisgewinn.
Situationsansätzig, wertschätzdend, kindzentriert, partizipativ, geschlechtergerecht, willenakzeptierend, vorurteilsbewusst, teamgeistig,... In der Theorie genau jene Schlagworte und Wortkonstruktionen, mit denen die Tätigkeit des Erziehers / der Erzieherin umschrieben wird. Oder besser gesagt idealisiert beschrieben wird.

Wenn nun Mona und Nemo und Mäxchen und Carla und Sandra und Bilal (alle Namen stammen selbstverständlich nicht aus meiner realen Kita-Welt!) aber partout nicht sitzen bleiben wollen, um das so lecker zubereitete Vesper zu sich zu nehmen, hört die Theorie (scheinbar) auf. Dann gilt es auszuhandeln, ob die freie Wahl der Tat des Kindes nun Vorrang hat oder das gestrenge Wort des strukturgebenden - und STRUKTUR ist ja SOOO wichtig!!! - Erziehers. Auszuhandeln übrigens mit sich selbst. Natürlich. 
Im ersten Versuch gewinnt selbstverständlich die Akzeptanz des freien Willens des Kindes. Im zweiten Versuch wird der Verweis auf die dereinst ausgehandelten Gruppenregeln nachdrücklicher. Beim dritten Mal gewinnt tendenziell schon der Erzieherwunsch, dass nun endlich die so wichtige Struktur einkehre und die vierte Intervention ist dann tatsächlich eine Intervention. Schluss mit Partizipation, Rhytmisierung & Co.! Praxis sticht Theorie. An der Stelle zumindest. Oder Praxis formt Theorie (im Zweifelsfall: sich so zurecht, bis sie als Theorie von der Praxis nicht mehr all zu sehr abweicht).

Es gilt also, den eigenen Anforderungen zu genügen, wie es scheint. Gut so. Dann ist die Schuld also schon mal nicht bei den anderen zu suchen. Und schon gar nicht bei den Kindern. Oder den Kolleginnen.

Sonntag, 3. August 2014

Kammerflimmern

So also fühlt es sich am Vorabend des Tages an, an dem einen der Weg in die Praxis führt. Jene Praxis, über die man zuvor Vorträge gehalten halt, die man aus allen möglichen Perspektiven betrachtet, untersucht, kritisiert, geplant, gestaltet hat. 
Die Zugverbindung ist rausgesucht - zu klären bleibt noch, ob die Kombination mehrerer Monatskarten für verschiedene Tarifbereiche zulässig ist. Als Erzieher verdient man nicht so wahnsinnig viel, man muss also aufs Geld schauen.
Wechselschuhe sind gekauft. In der Kita wechselt man die Schuhe. Ach ja, die Regenjacke liegt bereit. Es soll Regen geben. Und in der Kita muss man auf jedes Wetter vorbereitet sein. Mit den Kindern geht es immer raus...
Die schwierigste Frage des Abends ist jedoch, ob es nun die vermeintlichen Anforderungen der Kinder sind, denen man sich als Maßstab des eigenen Ankommens in der Welt der Kita stellen muss, oder doch eher die der Kolleginnen. 
Schnell noch die Selbstvorstellung auf ein Blatt Papier gebracht. Das macht man so in der Kita. Hoffentlich schaut keiner so genau drauf. Die richtigen Worte finden sich jetzt doch sowieso nicht....

Freitag, 18. Juli 2014

die Frauke hat auch einen

Also um eins mal klarzustellen: Helden sehen anders aus als ich. Irgendwie kräftiger, cooler, überzeugender, mehr geradeaus oder so. Sagt meine Selbstreflexion. Aber Helden werden ja bekanntlich gemacht. Also von anderen gemacht. Können selbst sozusagen gar nichts dazu und wissen vor allem meist gar nicht, warum überhaupt. Vielleicht ahnen sie ja irgendwann mal, dass da etwas Großes passiert...

ein Dialog:

Und als was arbeitest du?
Als Dozent.
Aha.
Also noch als Dozent. Freiberuflich.
Aha.
Aber ich freue mich schon auf die Kinder.
Die Kinder?
Ja, ab demnächst bin ich dann in einer Kita am Arbeiten.
Aha, als Leiter.
Nein. Als Erzieher.
Aha?!? [Denkpause] Als Erzieher? Wie kommt's?
Ja. Es war irgendwie naheliegend, in der Praxis anzukommen, nachdem ich jahrelang über sie geredet habe.
Ja, bei der Frauke, also bei meinem Patenkind, im Kindergarten da ist auch ein Erzieher. So ein fescher junger Kerl. Und die Kinder lieben den! Der hat die auch alle im Griff. Und die Frauke hat immer was von ihm zu erzählen. [Denkpause] Nee, ist schon wichtig, so Männer im Kindergarten. Vor allem für die Jungs. Die wissen ja sonst gar nicht, wie so ein Mann aussieht, wenn die immer nur mit Frauen...
Aha.
Aber, na dann mal viel Glück mit den Quälgeistern!
Danke.

Fescher junger Kerl, genau...