Montag, 4. August 2014

Praxis sticht Theorie

Weder noch! Also weder den Anforderungen der Kinder gilt es, zuerst zu entsprechen, noch denen der Kolleginnen. Die eigenen Ansprüche sind es. Erkenntnisgewinn.
Situationsansätzig, wertschätzdend, kindzentriert, partizipativ, geschlechtergerecht, willenakzeptierend, vorurteilsbewusst, teamgeistig,... In der Theorie genau jene Schlagworte und Wortkonstruktionen, mit denen die Tätigkeit des Erziehers / der Erzieherin umschrieben wird. Oder besser gesagt idealisiert beschrieben wird.

Wenn nun Mona und Nemo und Mäxchen und Carla und Sandra und Bilal (alle Namen stammen selbstverständlich nicht aus meiner realen Kita-Welt!) aber partout nicht sitzen bleiben wollen, um das so lecker zubereitete Vesper zu sich zu nehmen, hört die Theorie (scheinbar) auf. Dann gilt es auszuhandeln, ob die freie Wahl der Tat des Kindes nun Vorrang hat oder das gestrenge Wort des strukturgebenden - und STRUKTUR ist ja SOOO wichtig!!! - Erziehers. Auszuhandeln übrigens mit sich selbst. Natürlich. 
Im ersten Versuch gewinnt selbstverständlich die Akzeptanz des freien Willens des Kindes. Im zweiten Versuch wird der Verweis auf die dereinst ausgehandelten Gruppenregeln nachdrücklicher. Beim dritten Mal gewinnt tendenziell schon der Erzieherwunsch, dass nun endlich die so wichtige Struktur einkehre und die vierte Intervention ist dann tatsächlich eine Intervention. Schluss mit Partizipation, Rhytmisierung & Co.! Praxis sticht Theorie. An der Stelle zumindest. Oder Praxis formt Theorie (im Zweifelsfall: sich so zurecht, bis sie als Theorie von der Praxis nicht mehr all zu sehr abweicht).

Es gilt also, den eigenen Anforderungen zu genügen, wie es scheint. Gut so. Dann ist die Schuld also schon mal nicht bei den anderen zu suchen. Und schon gar nicht bei den Kindern. Oder den Kolleginnen.

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