Freitag, 18. Juli 2014

die Frauke hat auch einen

Also um eins mal klarzustellen: Helden sehen anders aus als ich. Irgendwie kräftiger, cooler, überzeugender, mehr geradeaus oder so. Sagt meine Selbstreflexion. Aber Helden werden ja bekanntlich gemacht. Also von anderen gemacht. Können selbst sozusagen gar nichts dazu und wissen vor allem meist gar nicht, warum überhaupt. Vielleicht ahnen sie ja irgendwann mal, dass da etwas Großes passiert...

ein Dialog:

Und als was arbeitest du?
Als Dozent.
Aha.
Also noch als Dozent. Freiberuflich.
Aha.
Aber ich freue mich schon auf die Kinder.
Die Kinder?
Ja, ab demnächst bin ich dann in einer Kita am Arbeiten.
Aha, als Leiter.
Nein. Als Erzieher.
Aha?!? [Denkpause] Als Erzieher? Wie kommt's?
Ja. Es war irgendwie naheliegend, in der Praxis anzukommen, nachdem ich jahrelang über sie geredet habe.
Ja, bei der Frauke, also bei meinem Patenkind, im Kindergarten da ist auch ein Erzieher. So ein fescher junger Kerl. Und die Kinder lieben den! Der hat die auch alle im Griff. Und die Frauke hat immer was von ihm zu erzählen. [Denkpause] Nee, ist schon wichtig, so Männer im Kindergarten. Vor allem für die Jungs. Die wissen ja sonst gar nicht, wie so ein Mann aussieht, wenn die immer nur mit Frauen...
Aha.
Aber, na dann mal viel Glück mit den Quälgeistern!
Danke.

Fescher junger Kerl, genau...

Donnerstag, 17. Juli 2014

Männer wirken... scheinbar.

Nur um das vorweg zu nehmen: Helden sehen anders aus. Also anders als ich. Sagt meine Selbstreflexion. Mittlerweile übrigens gut geübte Selbstreflexion. Allerdings lese ich gerade, dass Männer Wirkung zeigen. In der Kita. Und gegenüber Jungen. In Österreich nennt man die Burschen und aus Österreich kommt sozusagen auch meine Erkenntnis. Denn in den Salzburger Nachrichten vom 15. Juli 2014 steht es geschrieben. Ob ich das Ergebnis der beschriebenen Studie nun allerdings begrüßen sollte, weiß ich noch nicht. Da muss ich noch einmal nachdenken. Später. Denn erst einmal übe ich mich lieber noch. In Selbstreflexion zum Beispiel. Man kann ja immer noch besser werden...

Salzburger Nachrichten, 15. Juli 2014 (http://www.salzburg.com/nachrichten/oesterreich/politik/sn/artikel/maennliche-kindergaertner-aendern-verhalten-von-buben-113926/)

Derzeit sind in Österreich nur 0,8 Prozent der Kindergartenpädagogen männlich. Wie sich dieses Geschlechter-Ungleichverhältnis in der Praxis auswirkt, wurde von den Forschern um Josef Christian Aigner vom Institut für psychosoziale Intervention und Kommunikationsforschung in der aufwendigen "Wirkungsstudie W-INN" an zehn Kindergärten in Tirol und Salzburg untersucht. Dabei waren fünf Fachkräfte-Teams rein weiblich, in fünf gab es auch Männer.
Herzstück der Studie war die Analyse von Videoaufnahmen aus dem Gruppenalltag bei 30 "Zielkindern", die zusätzlich im Einzelsetting mit Playmobilfiguren alltägliche Konfliktthemen nachgespielt haben. Bei je fünf männlichen und weiblichen Pädagogen wurde das konkrete pädagogische Verhalten beobachtet. Außerdem wurden die 22 Erzieherinnen und Erzieher in Fragebögen zu beruflicher Qualifikation und Erfahrung und ihrer Einschätzung von Verhalten und Beziehung einzelner Kinder befragt. Ebenso erhoben wurde die familiären Hintergrundsituation (sozioökonomischer Status, Aufgabenteilung der Eltern etc.) der 206 Eltern von insgesamt 163 Kindern.
Wie die Videoanalyse zeigt, verhielten sich Mädchen gegenüber männlichen und weiblichen Kindergartenpädagogen weitestgehend gleich. Bei den Burschen zeigten sich indes "deutliche Differenzen": Sie suchten der Studie zufolge fast durchgehend öfter Anschluss und Kontakt zu den männlichen Fachkräften. Statistisch signifikante Unterschiede zu Pädagoginnen gab es in den Bereichen "Interesse an Kommunikation und affektivem Austausch", "Freude an Körperkontakt" und "Streben nach exklusiver Aufmerksamkeit".
Außerdem wurden die Auswirkungen der Präsenz männlicher Pädagogen auf das Spiel- und Sozialverhalten der Kinder untersucht. Auch hier wurden nur bei den Burschen Unterschiede im Verhalten festgestellt: Sie zeigten bei gemischtgeschlechtlichen Fachkräfte-Teams deutlich extrovertierteres Verhalten, bewegten sich mehr und waren aktiver und weniger "angepasst". Die Forscher konnten durch Zusammenführung aller Untersuchungsdaten bei 21 Fallstudien außerdem gerade bei jene Burschen Verhaltensunterschiede festmachen, "die real kaum von einer präsenten Vaterfigur profitieren konnten".
Wieso es zum beobachteten Effekt kommt, konnte in der Studie noch nicht umfassend geklärt werden. Befürchtungen, dass der Einsatz von mehr männliche Kindergartenpädagogen zu einer Verfestigung oder Wiederaufrichtung konventioneller männlicher Geschlechterrollenklischees beitragen könnte, weisen die Autoren zurück: Dies scheine "einer durch nichts belegbaren gender-ideologischen Voreingenommenheit zu entspringen." Vielmehr könnte, so die Hoffnung der Wissenschafter, der Effekt bei entsprechender gendersensibler Ausbildung des Personals genutzt werden, um für die Burschen wichtige "korrigierende und modifizierende pädagogische Schritte zu setzen".

Mittwoch, 16. Juli 2014

Teamtanzen im Kreis...

Nur um eines klarzustellen: Ein Held bin ich ganz sicher nicht!
Aber auch ganz ohne Heldentum konnte ich den ersten Kontakt zu meinem zukünftigen Team gelingend gestalten. Fand ich zumindest - bei aller kritischen Selbstreflexion.

Teamsitzung in der Kita. Und fast zum Schluss komme ich als der Neue. Wunderbare Gelegenheit, die bereits umfangreich vorweggedachte Selbstvorstellung loszuwerden. Zum Glück keine Nachfragen. Puh, geschafft!
Fast. Denn einen abschließenden Programmpunkt soll die Teamsitzung noch haben. "Wir haben ein kleines Attentat auf Sie vor" sind die begleitenden Worte an mich. Und Kichern ist im Raum. Was dann folgt ist nur für einen Moment irritierend. Erwachsene Menschen stellen sich im Kreis auf, um einen Gruppentanz zu proben. Oder besser gesagt, zwei neue Schritte davon. Dass mich das für einen kleinen Moment ins Reich des Ungewohnten entführt, scheint mir nachvollziehbar. Aber die gestandenen Erzieherinnen? Da muss es Erfahrungen mit früheren Praktikanten, FSJlern oder so gegeben haben. Oder kommen Erzieherinnen sich selbst komisch vor, wenn sie singen und tanzen?

Mich in der glücklichen Lage befindend, gerade die Tanzstunden-Grundausbildung absolviert zu haben und absolut souverän in Discofox, Samba, Walzer, Wienerwalzer und Rumba aufgestellt zu sein, finde ich im Bewegungsraum in der Teamsitzungsabschlusstanzrunde erfreulich schnell wieder zu mir und kann meinem Ursprungsanspruch mir auf keinen Fall die Blöße zu geben, etwas aus Komischfinderei nicht mitzumachen, genügen. Das macht zufrieden - bei aller Selbstkritik natürlich. Zum Abschluss noch den souveränen Locker-Blick aufsetzen und sich aus dem Kreis mit Worten verabschieden, die das erfreute Wiedersehen am tag des Arbeitsbeginns schon heute ankündigen.

Gesungen übrigens habe ich dann noch nicht. Ich kannte ja den Text nicht. Zum Glück. Noch zwei Wochen Zeit zu üben.

Dienstag, 15. Juli 2014

erstens kommt es anders...

Nur damit das klar ist: Helden sehen anders aus! Allenfalls dem Bild tragischen Heldentums würde ich wohl gerecht. Zumindest aus der Ich-Perspektive betrachtet. Und jene Perspektive ist ja die beste für jene Menschen, die sich der Sozialen Arbeit im weitesten Sinne verschrieben haben. Also immer gut reflektieren. Vor allem die eigenen Grenzen kennen und immer schön kritisch bleiben.
Das übrigens kommt auch gut an bei den anderen. Bescheidenheit, so heißt es schließlich, ist eine Zier'!

"KitaHeld" also bezeichnet keinen Gemütszustand. Eine Vorahnung allerdings schon. Schließlich werden Helden bekanntermaßen gemacht. Aber vielleicht ja von Anfang an...

Bankkaufmann, Versicherungsverkäufer, Projektmitarbeiter, Sozialarbeitsstudierender und später -studierter, Dozent, Freiberufler - der Weg war eigentlich vorgezeichnet. Sozusagen eine klassische Karriere eines Getriebenen, den es selten länger irgendwo hält. Eine Karriere, die stets nach mehr ruft, die aus der Perspektive des Karrieristen immer vor allem eins hat: großes Potential. Neugier und Bewegung! Beides sind ausgemachte Energiequellen, sind Antrieb und Ansporn zugleich.
Das klingt nicht nur gut, das ist es auch tatsächlich. Es gibt immer eine Erklärung für die notwendige Bewegung. Bloß nicht stehenbleiben, nicht an irgendetwas festhalten. Getrieben zu sein gerät in der Selbstwahrnehmung schnell zum Gefühl, eigentlich der Herr über die linke Spur des Lebens zu sein. Gelangweilt der Blick auf jene, die ihren Platz gefunden, ihren Frieden mit der Welt wie sie ist geschlossen haben. Weiter, immer weiter muss es gehen, kann es gehen.

Bis irgendwann irgendwer nach deinen Wurzeln fragt. Und als Getriebener hast du keine, keine zumindest, die stark genug wären, dich zu halten. Was Fliegen verheißt, gerät zur Bodenlosigkeit. In stürmischen Zeiten aber täte es gut, fest verwurzelt zu sein.
Für jemanden, der seit Jahren über frühe Bildung spricht, nachdenkt und schreibt, der Querschnittsthemen in den Status der Alltagsdominanz verholfen hat, muss sich irgendwann die Frage stellen, wie er selbst denn in diesem Berufsfeld agieren würde. Und ob er bestehen könnte.  Und als jemand, der redet, nachdenkt, schreibt und darüber hinaus mit einem in der Kindergartenwelt gerade sehr angesagten biologischen Merkmal auf die Welt gekommen ist, liegt es nahe, in stürmischen Zeiten das Wurzelschlagen in eben diesem Berufsfeld zu üben.
Kurzum, an dem Tag, an dem ich beschloss, mich wieder für eine Tätigkeit in einem 'abhängigen Beschäftigungsverhältnis' (ich liebe dieses verwaltungstechnisch anmutende Wortpaar, das doch so viel Realität in sich birgt, wie sonst keine verwaltungstechnische Begrifflichkeit) zu bewerben, war mir klar, dass ich mich in einer Kita bewerben muss. Muss nicht deshalb, weil ich keine andere Wahl hätte. Vielmehr deshalb, weil es auf der Hand liegt, logisch ist, einfach 'dran'.
Anfangs noch auf Stellen als Leiter, Fachberater oder gar Fachbereichsleiter schielend (habitusorientiert nennt man das, meine ich), wuchs bald die große Lust darauf, wenn schon Praxis, dann richtige Praxis zu erleben.

Tja, und nun sitze ich hier. Am Vorabend jenes Tages, da ich mein zukünftiges Kita-Team kennenlernen werde. Und eigentlich könnte ich mich fragen, ob ich mich als Sozialpädagoge in der Realität des Kitaalltags zurechtfinden werde. Tue ich aber nicht. Ich frage mich, ob ich mich als Mann in der Realität des Kitaalltags zurecht finden werde. Schräg irgendwie.
Aber auch erklärbar. Habe ich doch schon erste Lorbeeren für meine Existenz als Mann ernten dürfen. So wurde mir bereits im Vorstellungsgespräch die Fähigkeit zugesprochen, mit jener Kindergruppe gut fertig zu werden, in der gerade einige sehr verhaltensoriginelle Jungen präsent wären. Nicht etwa wegen meiner ausgewiesenen Fachexpertise im Umgang mit verhaltensoriginellen Kindern. Sondern wegen meines Mannseins (ich hatte scheinbar vergeblich versucht, das zu verbergen). Ich selbst sähe mich ja viel eher als Erzieher bei den Kleinen. Also den ganz Kleinen. Aber wenn man einmal mit solcher Vorschussehrung bedacht wird, kann man ja schlecht...

Mann sein ist schon eine Herausforderung. Finde ich seit heute. Und ausschließlich um mich irgendwann an die Anfänge und die weiteren Verläufe erinnern zu können, habe ich beschlossen, diesen Blog zu schreiben. Dass  den irgendwie alle Menschen dieser Welt mitlesen können, interessiert mich natürlich gar nicht. Als Mann bin ich daran gewöhnt, dass mein Tun Weltbedeutung haben könnte. Ob ich will oder nicht...